Sonntag, 24. April 2011

Was ich verpassen könnte...

Es ist Sonntagmorgen. Der Himmel ist übersät von kleinen Wolken die aussehen wie gezupfte Wattehäufchen, Schäfchenwolken eben. Ich glaube die Wetterfrösche nennen sie "Quellwolken". 

Eigentlich weiß ich gar nicht so genau woran ich heute morgen dachte, aber auf einmal wurde mir einmal mehr bewußt, wieviel anders oft die Dinge im Rückblick und mit der nötigen Distanz aussehen, wie wenn man mittendrin ist.  
Mir kamen die verpassten, vergangenen Sommer noch einmal in den Sinn. 

In meinem Gefühl haben die sich zwar schon wie sehr viele Sommer angefühlt, aber Zeit und Gefühl, Zeitgefühl  das ist nicht wirklich zu fassen, einzuschätzen. Manches was sich anfühlt wie eine Ewigkeit, dauerte nicht einmal einen Bruchteil davon - und das was scheinbar blitzschnell ging, hat gemessen in Stunden, Tagen, Wochen dann doch sehr viel Zeit verbraucht. 

Das Ausmaß meiner verpassten Sommer wurde mir heute morgen erst richtig bewußt, als ich es in Jahren bemaß - ungefähr 15 verpaßte Sommer... 
15 scheint auch nicht so sehr viel - gemessen an den Lebensjahren die hinter mir liegen, ist es aber ein großer Teil meines Lebens. 
Sehr erschreckend wieviel Zeit ich auf Nebenwegen des Lebens verbracht habe, statt meinen Weg zu gehen. 

Wenn ich ehrlich bin, dann kann ich als Erklärung oder Entschuldigung noch nicht einmal sagen das ich es nicht besser wußte... 
Doch - ich habe gewußt, vielleicht nicht vom allerersten Moment an, aber eben doch sehr schnell... 
einzig - ich habe anders gefühlt. 

Hätte ich die Wahl, dann würde ich - auch mit dem "Wissen" von heute - gar nicht soviel anders machen. Mir ist noch nie etwas eingefallen was mir leid tat, es getan zu haben, sondern es tat mir immer nur leid das eine oder andere NICHT getan zu haben. 
Also hätte ich heute die Wahl - ich würde wieder meinem Gefühl folgen - aber diesmal nicht versäumen darauf zu achten, dass mich die Nebenwege nicht so sehr von meinem eigenen Weg abkommen lassen.


Was ich verpassen könnte…

noch im Schlafen lächeln und den Tag, den Abend im Traum fortsetzen…
noch im Schlaf die Nähe suchen und die Hand in die Dunkelheit schicken um dich festzuhalten, zu spüren du bist da…
Aufwachen und
dich sehen mit verschlafenem Gesicht und zerzausten Haaren...
die ersten Worte
guten morgen mein Schatz...
das erste warme Gefühl das mich durchströmt weil es dich gibt und es so leicht macht die Bettdecke weg zu strampeln und davon zu hüpfen um dir einen Kaffee zu holen...

einen Wettlauf wer als erster im Bad ankommt und es in Beschlag nehmen darf -
klar das du siegst - weil du sportlicher bist als ich und weil Männer angeblich da weniger Zeit brauchen ...
drängeln und dich zur Eile antreiben um nur zu hören wie du mit Zahnpastamund brummelst und mich damit zum Lachen bringst...
frisch rasierte Haut babyzart die ich an meinem Gesicht spüren will,
ganz tief einen Teil der Duftwolke einatmen in die du dich gehüllt hast...

ach bitte bitte schling dir doch ein Handtuch um die Hüften
das ich dir dann kichernd wegziehen kann...
(Wie alt war ich noch gleich - irgendwie läßt du mich das völlig vergessen, ist irgendwie als würde ich im Schnelldurchgang mit dir ein verpaßtes Leben nachholen wollen. Und manchmal wenn ich sehe wie viel da hätte sein können und nie war, macht mich das traurig und meistens wenn ich sehe was es da soviel mehr gibt als ich kenne, das du in so vielem mein allererstes mal bist, dann bin ich froh das es mit dir so ist und mit noch niemandem war… )

Handtuch weg ziehen will ich nicht verpassen...
kichernd davon laufen nicht und singen
"Fang mich doch, schnapp mich doch"...
Den Augenblick nicht, in dem es von jetzt auf gleich ganz heiß wird
und jeder Gedanke in "ich will dich" ertrinkt,
jetzt gleich
sofort
ganz schnell ...

Will nicht verpassen wie die Zeit knapp wird, wovon ich so gerne mehr davon hätte mit dir ...
mit angestachelter Lust in den Tag zu stürzen,
deine Worte im Ohr
- heute abend machen wir genau da weiter…
Seufzen und wissen das es noch so lange dauert bis ich dich wieder hab
für mich allein, ganz lange ...
Vergnügt durch den Tag flattern und mich auf dich freuen ...
den ganzen Tag immer wieder kribbeln im Bauch beim Gedanken an dich ...
immer wieder ein Lächeln das übers Gesicht huscht weil mir irgendetwas von dir eingefallen ist -
Worte, Gesichtsausdrücke oder etwas was du gemacht hast...

Tausend riesengroße Kleinigkeiten könnte ich verpassen
aber unter dem Strich doch immer nur eins -
den Menschen mit dem ich teilen will -
den Alltag, den Frust, die Gedanken, die Lust, die Sehnsucht, den Kummer, das Lachen, das Weinen…
den Menschen der das auch mit mir will…