Donnerstag, 7. April 2011

Häkchen auf der Checkliste

Ausgeschlafen in aller Frühe...voller Tatendrang. 

Jetzt sitze ich hier, trinke meinen Kaffee, genieße die Stille des Morgens und überlege schon wie ich die Stunden des Tages vollpacken kann um die Zeit effizient zu nutzen. Die Frage die sich mir aufdrängt - wie krank ist das denn??  

Im Leben sollte es nicht darum gehen möglichst viel Arbeit zu schaffen die man sich selber aufbürdet oder sich sich aufbürden lässt... Inzwischen bin ich wohl schon so sehr ein Kind meiner Zeit das mir manchmal gar nicht mehr bewußt ist, dass genau diese Sicht für mich handlungsleitend geworden ist.
Ist ein bisschen so, als gäbe es für alle Tage, Wochen, Monate, das Jahr eine Checkliste in der es möglichst viele Punkte abzuhaken gilt. Und dann? Vermutlich kommt man dann zu der Erkenntnis - je mehr Punkte abgehakt sind, desto mehr hat man das eigene Leben verpasst.

Da fällt mir wieder dieser zauberhafte Parfümduft von gestern ein... 
Auf der Jagd nach Häkchen für meine Checkliste habe ich schon so lange alle Düfte an mir unbemerkt vorbei ziehen lassen - darüber was ich sonst noch alles nicht mehr bemerkt habe, möchte ich gar nicht erst nachdenken weil es mir mit Sicherheit nicht gefallen würde.

Und ganz oft sind es genau diese kleinen Dinge die den Unterschied machen  und aus irgendeinem Moment einen ganz besonderen Augenblick. Manchmal ist es wirklich nur ein Duft der an mir vorüberweht und damit ein Gefühl erzeugt, das Gefühl einen Gedanken, eine Idee und schon die Schritte in eine ganze andere Richtung lenkt, die Wahrnehmung verändert. 

Gestern abend habe ich auf jeden Fall über mich selber gelacht - dieser Duft auf die Alltagshaut die eben noch ihrer Arbeit nachgegangen ist zu sprühen... das schien auf einmal nicht mehr der richtige Rahmen, es ging nicht mehr um einen Geruch testen, ausprobieren... Es war wie unter die Dusche hüpfen müssen, den Alltag abspülen und zu sehen wie er im Abfluß verschwindet damit das Parfüm mehr als einfach gut duftet und zu einem guten Gefühl für den Abend wird, die Erinnerungen aufleben läßt, den Augenblick verändert... 
Eigentlich kann ich es gar nicht beschreiben - es war wie Augen schließen, tief einatmen und einfach nur hmmmmmmmmm... 
Und davon konnte ich gar nicht genug bekommen. Am liebsten hätte ich das Kopfkissen damit eingesprüht... Aber ich kenne mich... Nicht genug von irgendetwas zu bekommen führt oft dazu mir eine Überdosis zu verpassen - vermutlich hätte nicht das nur das Kopfkissen zart geduftet sondern der ganze Raum so intensiv, dass ich Kopfschmerzen bekommen hätte oder das Gefühl unbedingt frische Luft zu brauchen weil sonst schlafen gar nicht geht und alle Fenster aufgerissen... 

Manchmal ist weniger eben noch immer mehr - nur gehört auch das zu den Sachen die ich manchmal vergesse - und somit passt das dann wohl auch wieder ganz gut zu der Checkliste des Lebens.

Viele Häkchen machen können bedeutet noch lange nicht viel Leben gelebt, sondern manchmal auch, es ins Gegenteil zu verkehrt zu haben.

Gestern hat mich eine meiner Freundinnen von der Arbeit abgeholt und wir haben den Nachmittag zusammen verbracht. Eigentlich hatte ich auf meiner Checkliste für den Tag andere Dinge stehen - ohne die Zeit mit ihr wären jetzt ein paar mehr Häkchen mehr für erledigt gesetzt - aber besser hätte es den Tag nicht gemacht. Was gibt es besseres als mit Menschen die man mag, Zeit gemeinsam zu erleben? 

Einfach hier sitzen und die Gedanken ziehen lassen, sie an der einen oder anderen Stelle einzufangen, zu sortieren hilft mir immer wieder zu erkennen das man alles auch noch von einer ganz anderen Seite - oft auch für mich besseren Seite zu sehen. 
Und manchmal hilft es diesem gefühlten Mangel an Zeit entgegen zuwirken und auch sich selber nicht für unabkömmlich zu halten und immer weiter zu verrennen. Ich will einfach immer nur ich sein, ganz gewichtige unabkömmliche Menschen gibt es schon genug - da braucht es nicht auch noch mich dazu. 

Das Dumme an der gewichtigen Unabkömmlichkeit ist nämlich, dass sie ein Trugbild ist. Niemand ist unabkömmlich, jeder ist ersetzbar und mitunter die Menschen die ganz viele Häkchen auf die Checklisten des Alltags gesetzt haben vielleicht noch mehr als die, die einfach gelebt und geliebt haben, nicht danach gefragt was etwas kostet, was es ihnen bringt  und einfach nur inmitten von Menschen Mensch waren. 
Aber das ist nur meine Meinung, andere Menschen mögen das ganz anders sehen.