Es gab einmal eine Zeit, da begann die Weihnachtszeit tatsächlich mit den Adventsonntagen. Jeden Tag ab dem 1. Dezember wurde ein Türchen des Adventskalenders geöffnet - die Adventsonntage waren jeder für sich ein kleiner Höhepunkt - eine kleine "geschaffte" Teiletappe auf dem Weg zu Weihnachten.
Es war die Zeit der Geschichten vom Christkind und den Engelchen die die Plätzchen für Weihnachten backen, Spielzeug basteln, anmalen, einpacken, Geschichten vom leise rieselnden Schnee, den heiligen 3 Königen die sich auf den Weg machten und dabei dem Weihnachtsstern folgten... Aufgestellte Weihnachtskrippen waren nicht ein Dekorationsgegenstand, sondern ein sichtbarer Teil der Geschichten die wir erzählt oder vorgelesen bekamen...
Ich glaube in jenen Tagen gab es kein Kind, das nicht die Namen der Könige gewußt hätte und welche Geschenke sie mitbrachten, ...wußte jedes Kind von den Hirten die sich auf den Weg machten...
Heute weiß ich manchmal nicht so genau, ob es die Ausnahme ist oder schon der Regelfall, wenn Menschen diese Geschichten nicht mehr kennen und alles längst auf die Formel - Weihnachten = Geschenke, (Stress, Gans, Lichterketten...) - bringen.
Adventsonntage waren damals wie das gemeinsame (kindlich ungeduldige) Warten auf das Christkind...
Advent, Advent - ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei...
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie froh ich immer war, wenn in dem Jahr der vierte Advent und Heiligabend sehr nahe beieinander lagen - nicht so wie dieses Jahr - 4. Advent und dann fast noch eine ganze lange Woche bis Heiligabend...
Schon morgens lag an Heiligabend das Besondere in der Luft - letzte Vorbereitungen...
für den späten Nachmittag wurden die Feiertagskleider zurecht gelegt - obwohl wir sie viel lieber schon gleich morgens angezogen hätten... was wir allerdings nicht durften - meine Mutter war viel zu besorgt das wir uns sonst bis zum Abend "schmutzig" machen...
Mittags gab es irgendeine Kleinigkeit zu essen und dann fing der Bademarathon an - ein Kind nach dem anderen wurde in die Badewanne gesteckt, rauß geputzt und von da an war "aufpassen" angesagt, damit wir uns nicht doch noch kurz vor dem Kirchgang "schmutzig" machten...
Es scheint eine ganz besondere Sorge der Mütter zu sein, dass ihre Kinder nicht ordentlich rauß geputzt sind, irgendwelche Flecken auf der Kleidung sind...
Ich kann mich an diese Sorge meiner Mutter erinnern..., später als ich junge Mutter war, hatte ich diese Sorge, während meine Mutter es sehr unproblematisch sah - "dann ziehst du dem Kind was anderes an, stopfst die Sachen in die Waschmaschine und gut ist es..., mach doch nicht so ein Drama darauß."
Heute bin ich der Meinung, das die kleine Pink Lady muss spielen, sich bewegen, sich ausprobieren, rennen, laufen, springen... und wenn ihre Kleidung dabei schmutzig wird - was soll`s - es gibt doch Waschmaschinen... -
und wieder ist es eine Mutter die das ein klitzekleines bisschen anders sieht ;-)...
Gebadet, in meist neue Kleidchen gesteckt - ging es dann in den Gottesdienst. Im Laufe der Jahre hat jedes von uns Kindern mindestens einmal an einem Krippenspiel mitgewirkt - mein Bruder war einmal der Joseph, ich einmal der Weihnachtsengel - ansonsten gehörten wir immer zur Schar der Hirten die zum Stall eilten...
Zuhause angekommen - erst einmal am Besten die Kleidchen wieder ausziehen und nur in Strumpfhose und Pullover in der Küche sitzen und zu Abend essen -
alle Jahre wieder - Kartoffelsalat und Bockwürstchen...
Und während wir Kinder eigentlich schon gar nicht mehr essen wollten - und wenn, dann schnell, schnell - damit es endlich die Bescherung gibt, hatten meine Eltern offensichtlich alle Ruhe der Welt...
Aber heute kann ich mir gut vorstellen das sie auf ihre Art genauso ungeduldig waren wie wir Kinder... auf jeden Fall habe ich mich schon oft dabei erwischt, die Geschenke schon früh weggeben zu wollen um mich darüber zu freuen wenn der Beschenkte sich freut...
das war dieses Jahr mit der kleinen PinkLady nicht anders... Am liebsten hätte ich ihr das Püppchen schon gleich gegeben als sie hier bei mir ankam...
Wenn endlich die Teller leer gegessen waren, wir die Spannung fast schon gar nicht mehr aushalten konnte, gab es die nächste Hürde zu nehmen.
Während die Eltern zwischen ihrem Schlafzimmer und dem Wohnzimmer geschäftig hin und her eilten, mussten wir hinter verschlossener Küchentür, in der Küche alles in Ordnung bringen - abwaschen, abtrocknen, alles wegräumen...
dann wurden die Feiertagskleider wieder angezogen und dann endlich hörten wir das Glöckchen bimmeln - unser Startzeichen das wir ins Wohnzimmer kommen dürfen - bis zum Weihnachtsbaum unter dem all die Geschenkpäckchen lagen. Die waren für uns noch immer tabu - erst musste ein Weihnachtslied gesungen werden, ein Weihnachtsgedicht aufgesagt... und dann endlich durften wir unsere Geschenke öffnen... Fotos fürs Album...
So wie die An- und auszieherei, das Krippenspiel, Kartoffelsalat und Bockwürstchen und das bimmelnde Glöckchen zu Weihnachten gehörten - so sehr gehörte auch am Ende des Weihnachtsabends dazu, dass alle Geschenke wieder unter den Baum gestellt wurden und dort hinter der verschlossenen Tür die Nacht verbrachten.
Der erste Weihnachtsfeiertag fing immer damit an, dass die Familie gemeinsam frühstückte, die Küche wieder aufgeräumt wurde - und erst wenn alles wieder aufgeräumt war, wurde die Tür zum "Weihnachtszimmer" aufgeschossen...
Vielleicht habe ich es vergessen, aber an richtige Weihnachtsdesaster kann ich mich gar nicht erinnern... nicht so wie man sie oft in den Weihnachtsfilmen sieht wo die Weihnachtsgänse verbrennen, die Bäume abflackern, irgendwelche Sachen explodieren, sich die Familie derart auf den Keks geht, dass es beinahe in kriegsähnliche Auseinandersetzungen ausartet (bis natürlich zum Happy-end wo sich alle wieder lieb haben... )...
Ich kann mich auch nicht an wirkliche Enttäuschungen über die Geschenke erinnern - selbst wenn ein Gesicht mal ein bisschen länger wurde über ein Geschenk von einer Oma oder Tante - dann hat meine Mutter immer die Wogen geglättet und gesagt das sie es doch gut gemeint hat... das es doch nett ist das dieser Mensch an einen gedacht hat... dass es doch auf den guten Willen ankommt...
Ob ich irgendetwas hätte anders haben wollen? Ich wüsste nicht was... so wie es war, war es genau "unser Weihnachten"...