Montag, 6. Juni 2011

Von Freiheit und Wurzeln

"Manchmal ist es gut die Freiheit zu haben zu gehen wohin ich will - 
und manchmal wünschte ich, ich hätte starke Wurzeln die mich festhalten wenn der Sturm mich umsaust, loszureißen und nach irgendwo davon zu tragen droht..."



Es gibt Menschen - und ein paar habe ich davon in der Vergangenheit kennengelernt, die in einem sehr starren, engen Familien- Verwandschafts- oder Gemeindeverbund leben. Ein bisschen ist es so, als wäre ihr Lebensweg von der Geburt bis zum Tod schon vorgezeichnet, festgelegt, bestimmt. 
Es gibt genaue Regeln was "man" tun oder lassen soll, darf, muss und die Frage die scheinbar ständig über allem schwebt "was sollen denn die Leute denken (sagen)... Mancher dieser Menschen die mir begegnet sind, haben die Selbstbestimmung über ihr eigenes Leben weitgehend verloren - oder aufgegeben - und oft genug ohne sich dessen überhaupt bewußt zu sein. 
Ein Teil dieser Menschen schien mir sehr unglücklich und ich glaube das schien mir nicht nur so. Wenn ich mit ihnen redete, kamen Lebenswünsche und Träume zur Sprache, die so gar nicht in die Welt in der sie lebten zu passen schienen - und die sie deshalb auch nicht leben konnten. Das Zugehörigkeitsgefühl zu dem jeweiligen Verbund, das Gefühl den Erwartungen entsprechen zu müssen war tief... 


Es gibt Menschen - und zu denen gehöre ich in weiten Teilen, die sind völlig entwurzelt oder haben gar nie Wurzeln geschlagen. Ich kann mich nicht erinnern je wirklich irgendwo richtig dazu gehört zu haben. Aufgewachsen in einer - heute würde man es wohl "Patchwork-Familie" nennen, gab es meine Kinder, dein Kind, unsere Kinder. Ich habe mich nie wirklich dazugehörig gefühlt. Wir sind in meiner Kinder- und Jugendzeit unzählige male umgezogen... Ich gehörte in keine Nachbarschaft, in keine Dorfgemeinschaft, in keinen Verein, nicht einmal wirklich weil für eine längere Zeit - in einen Klassenverband. In späten Teeniezeiten wurde die Zeit an einem Ort dann zwar ein bisschen länger, ich war in einer Clique - aber das ich mich da wirklich dazugehörig fühlte kann ich auch nicht sagen. Und dann kaum volljährig bin ich in die große weite Welt gezogen - die Großstadt eben - sicherlich auch nicht ein Ort an dem man Wurzeln schlägt. Ich bin mir nicht einmal sicher ob man in späteren Jahren überhaupt noch wirklich  Wurzeln schlagen kann. In manche Dinge muss man vielleicht hineingeboren werden, hineinwachsen - vielleicht kann man sich integrieren - aber letztlich wird man immer jemand bleiben der irgendwann dazu kam.


Und wenn ich mir aussuchen sollte was mir besser gefallen hätte - ich könnte es gar nicht. In so einem Verbund wäre manches mit Sicherheit viel einfacher gewesen, vielleicht auch weil vorbestimmter , behüteter... Auf der anderen Seite - wenn ich mir vorstelle das ich dann vielleicht in ein Leben "gerutscht" wäre in dem ich wenig Freiheit gehabt hätte mich selber auszuprobieren...


Ich denke oft daran wie froh ich bin hierher gezogen zu sein, dass es sich so völlig richtig für mich anfühlt - aber das kann es vielleicht nur deshalb, weil ich mich bewußt dafür entschieden habe. Es ist nicht so, dass ich außer dem Dorf nichts anderes kenne und in der großen weiten Welt verloren wäre.
Ich kann mir - und das ist mir sehr wichtig - meine eigene Meinung leisten und die auch vertreten. Natürlich habe ich überhaupt kein Interesse daran irgendwelchen Menschen einfach nur mal so auf die Füße zu treten, bin schon sehr harmoniebedürftig und will in Ruhe und Frieden mit den Menschen in meinem Umfeld leben - aber letztlich bei ganz vielen Dingen intessiert es mich dann auch herzlich wenig "was die Leute denken / sagen". 
Und doch - wenn ich sehe wie hier anscheinend ein ganzes Dorf Feuerwehr ist (und nicht nur das - hier gibt es keine Ahnung wieviele Vereine)... ein bisschen mehr von dem Leben in so einem engen Verbund in dem man vielleicht ein paar Freiheiten weniger hat - aber dafür einen sicheren Rahmen - hätte ich doch gerne kennengelernt.


Am Ende bleibt es wohl dabei - alles hat zwei Seiten und es geht nicht immer darum welche besser oder schlechter ist - sondern welche besser zu einem selber passt. Ob die andere Seite nicht vielleicht doch richtig gut zu mir gepasst hätte - ich werde es nie erfahren..