Sonntag, 26. Juni 2011

Ich höre nicht auf zu träumen...

Jeder Tag geht zu Ende... irgendwann - früher oder später. Gestern ging er später zu Ende - aber letztlich hat er sich doch kürzer angefühlt als ich befürchtet hatte. 


Die Stresshormone schimmen wieder durchs Blut, scheinen es dickflüssig durch die Adern zu pressen und den Herzschlag damit ins Stolpern zu bringen.
Der Körper verschafft sich Gehör nachdem die Aufschreie der Seele ignoriert und mundtot gemacht wurden. 
Was ist los?  

Vermutlich ist es die Summe der vielen kleinen Alltäglichkeiten die nicht rund laufen, aber eben weil sie klein und alltäglich sind ungeachtet, unbeachtet in die Mülltonne des Lebens geworfen wurden. Jetzt ist die Mülltonne anscheinend wieder einmal randvoll und aus den vielen kleinen Dingen die dort hineingeworfen wurden, ist ein richtiger Berg entstanden der die Stresshormone ausströmen lässt.


Sicher in der Mülltonne gelandet ist der Urlaub der aus vielen verschiedenen Gründen nicht wirklich einer war, die freien Tage die auf ihre Art auch keine waren, weil der Kopf einfach nicht frei werden wollte. Der Kopf hat zwar längst die Prioritäten gesetzt was ich von den Dingen in welcher Reihenfolge aufarbeiten muss die im Urlaub liegen blieben - aber auch all die sind inzwischen zu einem kleinen Berg geworden von dem ich nicht recht weiß wann ich ihn abarbeiten soll, zumindest nicht wenn das nicht zulasten meiner "Freizeit" gehen soll. Ich höre nicht auf zu träumen, nicht damit zurück zu sehen...

Diese aufgetürmten Berge haben den Nachteil, das irgendwann nicht mehr wirklich erkennbar ist aus was sie sich denn nun wirklich zusammen setzen, wo anfangen sie abzutragen damit die Stresshormone in ihren Depots bleiben... 


Gestern kam mir in den Sinn das es vielleicht einfach an diesem Lebensabschnitt der Neuorientierung liegt. Ich glaube auf den ist man irgendwie nicht wirklich vorbereitet.

Ja, ich höre nicht auf zu träumen - das ist wie vor Jahr und Tag - so als wäre ich noch immer die, die ich vor vielen vielen Jahren war und es ist noch immer die Sicht auf das Leben da, die aus jenen Tagen stammt, die dort ihren Ursprung hatte, vermittelt und verankert wurde. 
Zuerst muss man groß werden - dann in die Schule gehen, nach der Schule eine Ausbildung machen, dann kommt die Sache mit dem Märchenprinzen, man bekommt Kinder und muss sich um die Familie und den Haushalt kümmern. 
Dieses Lebensbild hat ein Häuschen, einen Garten, spielende Kinder, einen Mann der von der Arbeit nach hause kommt, Wochenenden an denen man gemeinsam etwas unternimmt, Ferien die man plant, Weihnachtsfeste mit Tannenbaum und glänzenden Kugeln und Lichtern, Elternabende, Vereine... und wenn sie nicht gestorben sind dann leben sie noch heute. 

Aber damit endet die Geschichte nicht und das Leben auch nicht. Die Zeit vergeht - die Kinder werden größer, verlassen das Haus um selber in die Welt zu ziehen und sich das Leben zu erobern - und dann?


Mir hat nie jemand erzählt was dann kommt - vielleicht auch deshalb nicht weil man es in jungen Jahren ohnehin gar nicht verstehen könnte. 
Irgendwann als Teenie habe ich mal ausgerechnet wie alt ich beim Milleniumwechsel sein werde - und das fand ich mächtig alt. Heute 11 Jahre nach diesem Wechsel - da denke ich - wie jung ich doch damals doch noch war... 

Es hätte sicher keinen Sinn gemacht mir damals etwas über die Zeit nach der "Familienplanung" zu erzählen. Ich weiß noch genau wie schick (oder cool) ich damals Jeansklamotten fand - von den Hosen über Jacken, Westen, Blusen - Hauptsache Jeans - und am besten noch Cowboystiefel dazu. 
Und als mein Vater mir erzählen wollte das ich darüber meine Meinung noch ändern würde und irgendwann ganz sicher nicht mehr in solchem Outfit rumlaufen will, war ich ärgerlich. Ich wußte es einfach besser - genauso würde es mir immer immer immer gefallen!!! 
- und natürlich hatte mein Vater Recht. Jeanshosen gehören noch immer in meinen Kleiderschrank - die volle Jeansausstattung für tagtäglich schon so viele Jahre nicht mehr, das ich mich nicht einmal mehr daran erinnern kann wann sie aus dem Schrank verbannt wurde.


Tja, und jetzt ist die Zeit einfach weiter gelaufen, das Stück Leben über das ich so genau Bescheid zu wissen schien vorbei - jetzt kommt ein anderer Lebensabschnitt - aber so recht weiß ich noch immer nicht was ich damit anfangen soll oder anfangen will. 

Ein bisschen ist es wie orientierungslos sein, als würde die Träumerin auf die Wirklichkeit treffen und sich entscheiden müssen ohne zu wissen was überhaupt zur Auswahl steht. Oder aber die Auswahl ist klar - nicht aber die letzte Konsequenz aus der Wahl die getroffen wird. 

Manchmal fühlt es sich an wie jetzt wirklich mal richtig "erwachsen" werden zu müssen, zu sein wie "man" eben so ist - aber wie ist das???  
Und wie immer das auch ist - ich habe keine Lust aufzuhören zu träumen, weil in den Träumen noch soviel steckt was ich noch immer will - auch wenn es vielleicht nicht altersentsprechend, kitschig romantisch verklärt und plüschig ist - ist es das wirklich???  


Ich höre nicht auf zu träumen - aber sie finden heute wohl in einem anderen Rahmen statt als vor Jahr und Tag. Längst hat sich im Leben gezeigt das nicht jeder Traum Wirklichkeit wird, nicht jeder Traum der Wirklichkeit wird dann noch ein schöner Traum bleibt. 
Fehlstarts, Fehlentscheidungen und Erfahrungen haben ihre Spuren hinterlassen, ein bisschen der Unbeschwertheit gekostet und von dem Mut sich ins Abenteuer Leben zu stürzen. 
In jedem Anfang, in jeder Entscheidung schwingt ein bisschen schon die Frage mit, was am Ende stehen wird, wohin es führen könnte. 
Noch immer habe ich die schönsten Träume wenn ich mir zu träumen erlaube - aber meinen größten Alptraum werde ich wohl nie mehr vergessen - nie wieder in meinem Leben möchte ich in etwas stecken in dem ich nicht stecken will und nicht wissen wie ich da je wieder rauß kommen soll.