Freitag, 6. September 2013

... da wundert sich der Mensch sehr, sehr...

Später am Tag hatte ich auch keinen Fotoapparat dabei...  Und das war dann sehr schade. Ich schätze mal, wenn mir das vor einem halben oder einem Jahr einer gesagt hätte, dann hätte ich nicht geglaubt das ich jemals soetwas tue... 
Und damals vor einem halben Leben, wäre mir diese ganze Szenerie ohnehin völlig lachhaft, weil völlig unrealistisch, erschienen.

Vor einem halben Leben gab es in der Stadt 2 Bundeswehrkasernen. 
Als junge Frau habe ich dort im Rahmen meiner dienstlichen Aufgaben oft dorthin Gespräche vermitteln müssen. 
Damals wäre es völlig lachhaft, unglaubhaft und unrealistisch gewesen auch nur daran zu denken, dass es diese Kasernen irgendwann nicht mehr als solche geben würde. 
Aber damals war die Welt eben auch noch eine ganz andere, unterteilt in Blöcke, voneinander getrennt durch den sogenannten eisernen Vorhang. 
Ich denke zu dieser Zeit hat sich wirklich niemand träumen lassen, das dieser mal buchstäblich über Nacht davon geweht wird und sich die Machtverhältnisse und Bedrohungslagen so völlig verändern... 


Vor einem halben Jahr...  hätte mir einer erzählt, das ich vor einer 30 Mann "Truppe" unterrichte - ich hätte ihm einen Vogel gezeigt. Meine 10-15 Kursteilnehmer haben mir mehr als gereicht... Für 30 Azubis den Vorturner zu spielen, wäre mir eindeutig als eine Nummer zu groß erschienen.


Aber heute morgen habe ich mich dann am Ende wirklich nur noch sehr über mich gewundert. 

Die ehemaligen Kasernengebäude sind um eine Rasenfläche angeordnet, die früher der Sportplatz der Kaserne war. Die Gebäude werden heute allesamt gewerblich durch viele verschiedene Unternehmen und Institutionen genutzt, u.a. direkt angrenzend mein Unterrichtseinsatzgebäude.

Schönes Wetter, 
zeitlich genug Spielraum, 
Ausgleich um in einem mehr als anstrengenden Beruf gesund zu bleiben ganz wichtig - 
und kurzerhand habe ich "meine Truppe" geschnappt und sind zu dieser Rasenfläche marschiert und ich habe im wahrsten Sinne des Wortes die Vorturnerin gegeben. 
30 Azubis im Riesenkreis im rückengerechten Stand, Grundspannung aufgebaut und schon pendelten 60 Arme durch die Luft...

Wenn mir jemand erzählt hätte, das ich soetwas je machen würde und dann auch noch so öffentlich, und das auch noch freiwillig... ich hätte einen Lachanfall bekommen und demjenigen bescheinigt das er irre ist... 
Irgendwie kann ich ja noch immer nicht so richtig glauben, das ich das gemacht habe... ein Beweisfoto für mich selber wäre schon gut gewesen... 


Da denke ich, ich wäre wie ich bin, wie ich schon immer war und immer bleiben werde... 
Da scheint es, als finge nur noch selten überhaupt ein neuer Morgen an, weil alles ist wie seit eh und je - und dann auf einmal stelle ich fest - unmerklich hat sich ganz, ganz viel - und teilweise auch sehr grundsätzlich geändert. 

Manches was so lange undenkbar war, ist denkbar geworden. Und von dem Denkbaren wiederum ist Einiges mit einer kleinen Hürde machbar, manches sogar ohne eine solche - und noch andere Dinge machen auf einmal richtig Spaß... ganz so als hätte ich noch nie etwas anderes gemacht, oder gar machen wollen.
Und letztlich zeigt sich daran dann wohl auch, dass wirklich nichts was passiert, gesagt, gehört, gefühlt wird, völlig spurlos an einem vorüber geht. Es macht etwas, es verändert einen - im Guten wie im Schlechten. Und einmal mehr scheint mir zu gelten:
Das was Heute ist, entscheidet darüber wer wir Morgen sind.