Sonntag, 20. März 2011

Die Woche

Es ist ein strahlend blauer Sonntagmorgen wie aus dem Bilderbuch - und das einzige was mich darin hindert auf dem Balkon in der Sonne meinen Kaffee zu trinken... Es ist (noch) eisig kalt.

Gestern abend habe ich lange in der Eiseskälte draußen gestanden und einfach zum Himmel gesehen. Es war sternenklar und der Mond hat riesengroß und leuchtend über mein Hausdach gesehen und dabei so hell auf den Balkon geschienen, dass meine Stühle und die Blumenkübel die dort überwintert haben, Schatten warfen.
Solche Abende und Nächte, Morgen wie diese - ich glaube die werden mich für immer begeistern, faszinieren und mir manchmal fast den Atem verschlagen.

Umso trauriger das wir mit großen Schritten dabei sind diese Welt irgendwie - aber dafür mit aller Macht - zu zerstören. Gestern habe ich Reportagen über Tschernobyl gesehen - wie es damals zu dem atomaren Gau kam - und wie es das Leben in dieser Region großflächig verändert hat, wie sehr die Menschen heute noch an den Folgen zu tragen haben. Dabei wurden auch Vergleiche angestellt mit der Strahlung die durch dieses Unglück freigesetzt wurde - und den atomaren Sprengköpfen die es in jenen Tagen in Unmengen gab. Ein einziger Sprengkopf hätte eine um ein sehr vielfaches höhere Strahlung freigesetzt.

Derweil geht das Drama in Japan weiter. Einer kleinen Entspannung folgt immer sehr schnell wieder eine neue Hiobsbotschaft.
Das was ich inzwischen sehr auffällig nachvollziehbar finde - wie unsere Berichterstattung die Wahrnehmung beeinflusst.
Irgendwann seit dem 11. März als die Katastrophe ihren Anfang nahm, wurde getan, gemacht, immer mehr Menschen eingesetzt die Lage unter Kontrolle zu bringen - und dann teilweise wegen der sehr hohen Strahlung auf eine handvoll Arbeiter zurück gefahren. Inzwischen sind da wohl schlecht ausgerüstete Feuerwehrleute im Einsatz mit einer Ausrüstung die für einen solchen Dauereinsatz nicht gemacht ist. Man spricht von  Freiwilligen die diese sehr gefährliche Arbeit übernommen haben und die wüßten in welche Gefahr sie sich begeben. Dann sehen wir die Bilder von den Männern in ihren Arbeitsuniformen wie sie in den Kampf gegen den atomaren Gau ziehen.
Was wir nicht zu sehen bekommen - und auch nur ganz selten oder gelegentlich als Randnotiz hören... was für Männer das sind, wie freiwillig es wirklich ist, wie gefährlich es wirklich ist gemessen in Daten, Zahlen, Fakten.
Gestern habe ich einmal irgendwo gehört das in den letzten Tagen 2 oder 3 der Arbeiter am Reaktor gestorben seien... Auf jeden Fall war es eine sehr kleine Zahl - irgendwo in stundenlangen Meldungen, Reportagen, Expertenbefragungen - ein einzigesmal erwähnt. In der Zusammenstellung der Informationen die uns überfluten bleibt verborgen WIE gefährlich diese Arbeit wirklich ist, das gestorben wird und erst recht wie an Verstrahlung gestorben wird.

Das andere was auch nur relativ mäßig durch die Informationsauslese und die Macht der Bilder ins Bewußtsein eindringt - die Lage der Menschen in diesem Land... Man liest und hört von einer humanitären Katastophe die sich dort anbahnt als Schlagwort... Aber es bleibt in weiten Teilen eine Leerformel weil es sich der eigenen Vorstellungskraft entzieht. Zwei - oder dreimal habe ich gestern - kurz erwähnt - gehört - das die Menschen durch den neuerlichen Wintereinbruch - sogar in den Notlagern erfrieren... Also auch wer gerettet wurde oder sich retten konnte, überlebt nicht unbedingt... Und wenn es so schon in Notlagern ist, dann kann man sich denken wie es wohl den vielen anderen Menschen geht die auf sich selber gestellt sind.

Guttenberg der vor dem 11.3. jede Schlagzeile beherrscht hat, ist völlig daraus verschwunden - und selbst die politische Situation im nahen Osten und die Geschehnisse in Libyen sind ein aus dem Fokus geraten, d.h. letzteres ist jetzt wieder ein Thema...

Gegen all das was auf der Welt geschieht, verliert meine persönliche Woche jegliches Gewicht. Sie war vollgestopft - das weiß ich noch... aber letztlich ist sie insgesamt so - wie ich es auch an den einzelnen Tagen schon erkannt habe - einfach spurlos an mir vorüber gezogen.
Außer vielleicht - die Beziehungen zu ein paar Menschen haben sich weiter verfestigt, sind mehr Bestandteil meines Lebens geworden... Menschen die mich in Anspruch nehmen und die ich in Anspruch nehmen kann - und das ist gut so.








... wenn die Sonne untergeht, alles in ein warmes Licht taucht... 




Wenn die Sonne untergeht, dauert es meist nicht mehr lange bis es dunkel ist und wieder bitterkalt wird.