Samstag, 4. August 2012

... leben mit der Zeit...

Draußen ist es noch dunkel, sieht man die Sterne noch leuchten - manche als winzig kleine Lichtpunkte, andere groß und strahlend hell... aber man erkennt schon das Blau im Himmel - tiefblau - wie es eben ist wenn die Farbe des Himmels noch irgendwo zwischen Nacht und Tag festhält. Am Horizont ist bereits ein schmaler rötlicher Streifen zu sehen als Vorbote der später aufgehenden Sonne...
Ruhe...

In den letzten Tagen wenn ich bei Sonnenschein die Traktoren durchs Dorf sausen hörte und sah - da habe ich oft gedacht wie schön es wäre jetzt auch einfach auf einem Feld in der Sonne zu arbeiten ohne eigentlich wirklich zu wissen warum. Es war nicht einfach die "Landromantik" oder was immer man darunter verstehen mag, die mich dazu brachte mir das zu wünschen. Da war noch irgendetwas anderes, aber irgendwie bekam ich es nicht zu fassen.
Vorhin als ich noch einmal so daran dachte wie die Bauern jetzt schon seit Tagen jeden Sonnenstrahl nutzen um ihre Arbeiten zu erledigen und anscheinend keinen Feierabend kennen... da wußte ich auf einmal was es war... 
Es ist - wenngleich auch verbunden mit wetterabhängigem Zeitdruck - irgendwie auch ein Leben mit der Zeit - oder zumindest hat es für mich diesen Anschein... 

Ja, das ist es was die Sehnsucht dabei zu sein auslöst - die Vorstellung von einem Leben mit der Zeit statt immer nur gegen sie anzurennen, zu tun, zu machen, getrieben zu werden... Und auch wenn es dann manchmal stressig sein mag - es ist eine andere Art von Stress - eben einer mit der Zeit... Phasen der Anspannung, sich verausgaben, anstrengen - und dann gibt es wieder die anderen - in der erst einmal alles gemacht ist, die Tage und Nächte ruhiger sind, Zeit darauf zu warten das die Saat aufgeht, zusehen wie die eigenen Mühen belohnt werden... 

Dieses Leben mit der Zeit ist etwas was ich - oder vermutlich wir alle in unserer modernen Kommunikationsgesellschaft gänzlich verlernt haben. Wir leben gegen unsere eigene innere Uhr, gegen die Uhr der Natur... immer mehr, immer schneller, immer lauter, dichter, mehr, mehr, mehr... Und wenn man es sich dann genau ansieht - bei allem immer "Mehr" wird es doch nur immer weniger... weniger Einklang, weniger Ruhe und Entspannung, weniger Genuss - und vor allem weniger Aufmerksamkeit gegenüber allem und jedem. Es rauscht alles nur noch vorbei.
Die normale Taktung der Zeit - und unsere eigene innere Uhr bringen wir durcheinander... Na gut, jetzt hat mich die Mücke aus meinem Land der Träume vertrieben... aber auch ansonsten sitze ich ganz oft früh morgens oder sehr spät abends noch da und bin am Tun und machen - auch wenn ich dann längst müde bin oder bereits ahne das ich meinen Tagesrhytmus damit für den nächsten Tag völlig durcheinander bringe. Aber es geht ja - Strom, Licht, selbst rundum die Uhr Fernsehberieselung möglich wenn gewünscht... Und wieder ist es der scheinbare Fortschritt der die Zeit beschleunigt... der es uns überhaupt erst möglich macht gegen die Zeit zu arbeiten... Ohne all das - was sollte ich dann jetzt wohl anderes machen als einfach - Mücke hin oder her - dem Tag noch ein bisschen entgegen zu schlummern - um ihn dann später hellwach und ausgeruht aufzusaugen und zu erleben... So sitze ich hier bei künstlichem Licht, bin wach obwohl ich schlafen sollte und später am Tag werde ich müde in den Seilen hängen anstatt das Leben zu leben... 

Aufmerksamkeit...
In den letzten Tagen bin ich eher zufällig darauf gestoßen das es wohl soetwas wie eine Aufmerksamkeitstherapie gibt. Auch das ist letztlich nur flüchtig an mir vorbei gezogen, denn eigentlich war mein Thema ein anderes - aber mit Sicherheit weder besserers noch wichtigeres. Auf jeden Fall habe ich die "ausführliche" Beschäftigung mit dem Thema Aufmerksamkeit auf die Zeit verschoben in der ich mehr Zeit habe (wann soll das wohl sein???). Wie ich auf die Schnelle herausfinden konnte - es geht wohl darum anzufangen sich und Teile des Alltages wieder aufmerksam wahrzunehmen um die Zeit zu entschleunigen. Und der Weg dahin - unter anderem viel üben in alltäglichen Situationen wie z.B. beim Zähneputzen... nicht mal schnell zwischen 2 verschiedenen Dingen mit den Gedanken dann am Besten noch bei einer ganz anderen Sache - sondern wirklich einfach nur Zähne putzen, ganz aufmerksam und sonst gar nichts... Und da fiel mir meine ureigenste Aufmerksamkeitstherapie ein - auch wenn ich niemals auf die Idee gekommen wäre sie so zu bezeichnen - fotografieren - mit wirklich offenen Augen durch die Welt gehen um das Schöne zu sehen das überall ist und sich ohne die Suche danach, den wachen Blick dafür - völlig unserer Aufmerksamkeit und Wahrnehmung entzieht.

Und an der Stelle habe ich dann wieder einmal mehr gemerkt - manchmal bin ich dem Leben auf der Spur ohne es zu merken und verfolge die Spur nicht weiter - obwohl sie zielführend gewesen wäre - oder es zumindest hätte sein können.