Samstag, 19. Februar 2011

Gedankenspaziergänge

Im Halbschlaf zwischen dem Drehen von der einen auf die andere Seite drang ein leises, kaum wahrnehmbares "klick" an mein Ohr. Der Uhrzeiger hat die Stelle auf dem Ziffernblatt des Weckers übersprungen, an dem der Zeiger mit der Weckzeit stand. Der Wecker war ausgestellt - aber dieses ganz leise "klick" hat gereicht den Kopf anspringen zu lassen, zu denken "das wäre jetzt die Zeit zum Aufstehen gewesen..." und vorbei war es mit dem Schlafen.
Als ich aufgestanden bin, hat draußen gerade erst die Morgendämmerung eingesetzt. Durch die geöffnete Balkontür strömte mir die eiskalte, nebelnasse Luft entgegen und ich musste daran denken wie unterschiedlich diese frühen kühlen oder kalten Morgenstunden zu den verschiedenen Jahreszeiten riechen. Früher ist mir diese Unterschiedlichkeit nie aufgefallen.


10.57 Uhr:
Heute ist ein komischer Tag. Die Gedanken kreisen und drehen sich im Kreis und hören überhaupt nicht mehr auf. Manchmal schafft man es nicht zu gehen und kann auch nicht bleiben - dann hängt man zwischen Himmel und Hölle... Ich glaube so ein Tag ist heute...


15.44 Uhr:
Es ist noch immer grau und trüb. Kein Sonnenstrahl, nicht einmal irgendwo ein Hauch von Blau findet einen Weg durch die Nebelsuppe. Dick hängst sie über dem Ort und scheint alles Leben zu verschlucken. Es ist so ruhig, kein Auto, kein Nichts zu hören... Irgendwie - und das ist ganz sicher Einbildung - scheinen heute nicht einmal die Kirchenglocken zu läuten - zumindest habe ich sie noch nicht bewußt wahrgenommen.
Es fühlt sich mehr nach Sonntagnachmittag im Herbst an denn wie ein Samstagnachmittag.


17.08 Uhr:
*Seuuuuufz* Gerade habe ich so einen schönen Herz-Schmerz-Film gesehen... Irgendwann einmal habe ich irgendwo gelesen, das nur eine unerfüllte Liebe eine ewige Liebe ist. Das in Geschichten zu lesen oder zu hören, als Film zu sehen - eine unerfüllte Liebe tief wie das Meer... es rührt zu Tränen, wunderschön das es so etwas zu geben scheint... Was vielleicht nicht so offensichtlich ist - wie quälend sich das Leben mit einer ungelebten Liebe anfühlen muss oder?
Gerade in dem Film hat eine junge Frau kurz vor Ausbruch des Krieges ihrem Liebsten versprochen ihm auf immer und ewig zu gehören und ihn so lange zu lieben wie sie lebt... Er ist in dem Krieg gefallen - und sie hat ihr ganzes Leben das Versprechen gehalten... Liebe tief wie das Meer, wunderschön... - und dabei ihr eigenes Leben völlig verpasst - wie furchtbar - oder??

Es sind Jahre vergangen, nicht sehr viele - aber eben schon Jahre - und ich habe es noch immer nicht geschafft mein Herz von ihm loszureißen und ins Leben, zu mir selber zurück zu kehren. Das riesengroße Gefühl für ihn, das Glück in mir durch ihn - das ist noch immer der Maßstab aller Dinge, Maßstab aller Gefühle... Und es gibt niemanden der sich daran messen ließe - weil schon der Weg zu diesem Maßstab gut gesichert und gesperrt ist.
Der Kopf weiß soviel über Sinn und Unsinn, Wirklichkeit und Traum... alleine das Herz läßt seit so langer Zeit nun schon, das alles nicht gelten. Es fühlt, es liebt, es behütet seinen Schatz, schlägt weiter im Takt der Erinnerung und will nicht merken das das Leben den Riss das durch es geht längst nicht mehr wirklich kitten kann. Ist doch eher sehr traurig denn ein Grund seufzend und mit verklärtem Blick auf ein Gefühl in rosa-rot zu sehen oder???

Heute habe ich mir Videoclips im Netz angesehen - und in einem tauchte eine Frage auf - das vielleicht auch Teil meiner Antwort hätte sein können wenn ich sie je gefunden hätte.
Dasselbe Gesicht und doch ganz anders... ich glaube Anfang des Jahres schrieb ich darüber, vielleicht war es auch noch im alten Jahr... Ich sah das so sehr geliebte Gesicht, es sah aus wie es immer ausgesehen hat - und doch für meine Augen ganz anders. Wäre es nicht das so sehr geliebte Gesicht gewesen - so wie ich es da gesehen habe, wäre es mir nicht aufgefallen, niemals - und wenn aus irgendeinem Grunde doch - es hätte mir sicher nicht unbedingt gefallen...Und hätte man micht gefragt - was hat er das andere nicht haben, so wäre die Antwort ganz einfach: Er hat nichts das andere nicht auch hätten - außer mein Herz. Ja, das ist es wohl - er hat einfach mein Herz... irgendwann in glücklichen Zeiten habe ich es ihm geschenkt und es nie fertig gebracht ihm das wieder abzunehmen.

Langsam setzt die Abenddämmerung ein, statt der feuchten Nebelsuppe wird die zunehmende Dunkelheit beginnen den Ort zu verschlucken. Es ist fast schon unheimlich wie ruhig dieser Tag ist - wenn ich es nicht besser wüßte, dann würde ich glauben das ich alleine auf der Welt bin.
Früher wenn ich an manchem Feiertag in aller Frühe zum Dienst los ziehen mußte, alle Fenster der Häuser noch dunkel und verschlafen waren, anscheinend noch kein Mensch außer mir auf der Welt unterwegs - das hatte mitunter etwas sehr Unheimliches an sich. Ich war dann froh wenn ich im Dienst auf die Kollegen traf und die menschenleere Stille durch plappernde Kollegen verdrängt wurde, das Unheimliche wieder Bodenhaftung in der Wirklichkeit bekam... Heute stört es mich seltsamerweise überhaupt nicht mehr. Stille ist wie bei mir selber ankommen, Zeit zum Durchatmen haben, Gelegenheit die Systeme mal runter zu fahren...


19.01 Uhr:
Vom Spaziergang an der frischen Luft zurück... jetzt ist es dunkel und es hängt eine Nebelsuppe in der Luft - aber immerhin habe ich einige Leute gesehen - ich bin also nicht alleine auf der Welt ;-).

Das gesprochene - oder geschriebene Wort... Manchmal verschweige ich, thematisiere nicht... Meistens sind es Dinge die sehr gefühlsbeladen sind... Bei den guten, hoffnungsvollen, aufkeimenden positiven Gefühlen ist es als hätte ich Angst das alles kaputt ginge, mir verloren geht - wenn ich es erst einmal in Worte gefasst habe. Bei denen die mir Sorgen machen, als würden Worte das Problem überhaupt erst wirklich machen. Wobei vermutlich das eine wie das andere Unsinn ist.
So kommt es auf jeden Fall das die Dinge die mir am Wichtigsten sind - oder die größte Last - unausgesprochen bleiben... Eben nicht weil sie nichtig oder unwichtig sind - sondern weil sie im guten wie im schlechten sehr groß sind.

Kam mir wichtig vor das mal zu erwähnen weil ich einen wichtigen Punkt der mir große Sorgen macht seit Monaten "totschweige"... Ich sehe noch immer diese kleine Gesichtchen, friedlich schlafend... so vertrauensvoll... und dann sehe ich den jungen Mann der mich inzwischen locker um einen Kopf überragt und - so sehe ich das - orientierungslos durch die Zeit und das Leben driftet. Das macht mir große Sorgen. Ich habe das Gefühl zugucken zu können wie es abwärts geht - sehr langsam zwar - aber unaufhaltsam und weiß nicht was ich dagegen tun soll. Fühle mich so hilflos zum Zusehen verdonnert...


19.53 Uhr:
Vorhin habe ich den Anfang eines Filmes gesehen - da saß ein Mann gemütlich auf seiner Dachterrasse. Vor sich hatte er ein Teleskop das Richtung Himmel zeigte...
Soetwas wie eine Dachterrasse habe ich jetzt auch - und ich kann von dort aus soviel vom Himmel sehen wie schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr. Ich glaube, nein, ich bin mir ziemlich sicher - auf meiner Einkaufsliste für die nächste Zukunft steht ein Teleskop... Ganz tief in den Himmel sehen und die Sterne näher holen... ich glaube, nein, ich bin mir sicher das das Spaß macht, spannend ist, schön ist - und vor allem auch ein Weg ist die Dinge auf der Welt die mich umgeben zu relativieren...
Den Dingen des Lebens immer wieder die richtige Gewichtung geben - ich glaube das ist etwas, was in der heutigen so lauten und schnellen Zeit ganz wichtig ist... aber gleichzeitig auch etwas was ich zu oft vernachlässige. Soviel schiebe ich immer auf die fehlende Zeit... aber immer ist es gar nicht die Zeit die es verhindert sondern ganz andere Dinge...

20.49 Uhr:
Aquamarin und weiß oder magenta und weiß???  Von der üblichen Deckenhöhe hoch bis zum Dachgiebel,  spitz zulaufend die Wände die zur Decke werden, weiß oder lieber doch in einen Nachthimmel mit Sternen verwandeln??? Hmmm... ich weiß es noch nicht... Aber es macht Spaß hier zu sitzen und mir die Verwandlung dieses Raumes vorzustellen und immer neue Ideen zu entwickeln.