Sonntag, 6. Februar 2011

Innere Mitte

Träume vom Teich... - wer braucht das denn??? ich???

Am liebsten würde ich abhauen - ganz schnell, ganz weit und schwups weg bin ich...

Gerade fällt mir die Zeit ein in der auch alle Gedanken und alle Träume an etwas klebten, losreißen unmöglich war - aber es war eine Zeit in der sie an etwas bittersüßem klebten, etwas was Lust auf immer mehr machte... Und es war das woraus ich die Energie gezogen habe durch die Zeit zu kommen, zu flattern, zu schweben... *seufz*
Manchmal frage ich mich wie ich die Zeit jetzt - mit all den Teichgeschichten erleben würde, wenn ich wieder diesen bittersüßen Klebstoff "verliebtsein" hätte... Kann ich mir gerade nicht wirklich vorstellen - aber ganz sicher hätten die Teichträume keine Chance und die Teichgedanken ebenso wenig...

Ich habe eine riesengroße Schachtel mit Erinnerungen aus jenen Tagen. Sie steht da fest verschlossen auf meinem Regal - um nichts in der Welt würde ich mich davon trennen - aber sie auch nicht öffnen. Ich kann nicht.
Vor langer Zeit habe ich mal irgendwo gelesen das es nichts Schlimmeres gibt als sich in unglücklichen Zeiten an die glücklichen zu erinnern.
Wenn mich jetzt jemand fragen würde warum ich nicht in diesen Erinnerungen und Andenken stöbern will... ich könnte es nicht einmal sagen. Vielleicht ist es die Angst zurück haben zu wollen was es nicht mehr gibt...

Vor langer Zeit fingen fast alle Tage gleich an - und endeten gleich - mit Gedankenspaziergängen durch die Zeit. Es hat mir immer Spaß gemacht, Ruhe gegeben, einfach mit meinem Kaffee da zu sitzen und die Gedanken umher spazieren zu lassen, den einen oder anderen aufzugreifen und zu seinem Beginn zurück zu verfolgen oder ihn nach vorne weiterzuspinnen. Auf seine Art war es sicherlich eine sehr gute Sache um den Überblick nicht zu verlieren, aus der Distanz alles noch einmal anders sehen, erkennen und verstehen zu können.
Das was heute anders ist - ich bin immer einfach nur noch mittendrin - und verliere manchmal den Überblick - zumindest fühlt es sich so an. Na ja, vermutlich ist es auch so - wenngleich ich das auch ungerne zugebe.

Meistens ist es  sehr hilfreich auch zwischen den Zeilen lesen zu können, weiterzudenken... Aber im Augenblick wünschte ich, ich würde nicht all die feinen Schwingungen um mich herum aufnehmen. Da ist ein Mitarbeiter der schon nach wenigen Wochen keineswegs mehr so scheinbar mühelos, beschwingt und mit aller Ruhe der Welt durch die Gänge schreitet... er ist in der anstrengenden Wirklichkeit angekommen - und wie weit oder wie lange er diese Anstrengung auf sich nimmt??? Die Arbeitsergebnisse am Ende des Tages sind auf jeden Fall jetzt schon nicht mehr so wie ich mir das vorstelle und zeigen sehr eindeutig das die Mühelosigkeit längst der Mühe gewichen ist... Die Liste könnte ich sicherlich um einiges fortsetzen - und alles woraus es hinaus läuft - es wird kein Alltag einkehren sondern immer weiter alles ein einziger Ausnahmezustand bleiben.

Und ich stehe alleine da und kann zusehen wie ich das geregelt bekomme - im Zweifelsfall damit das ich meine beste Frau für alles bin... Netzwerkverbindungen... Heizungssteuerung... Brandmeldeanlage... Catering... Kerngeschäft... Mitarbeiterführung... Kostenkontrolle... überhaupt Kontrolle überall... Ich glaube all das ist nicht einmal das Schlimmste - sondern das der Rahmen in dem ich mich bewegen kann nicht klar definiert ist, alles mit etwas anderem zusammen hängt... Ich stehe in der Verantwortung, krieg aber von weiter oben dann Suppen eingeschenkt zum Auslöffeln die ich selber so niemals gekocht hätte... Kritik an diesem System - und sei sie noch so konstruktiv - völlig unerwünscht.

Aufgeben widerstrebt mir zutiefst... entspricht einfach nicht meiner Art... ich beiße mich durch und will immer alles zu einem guten Ende bringen. Das ist mit dem Teich nicht anders... Aber längst habe ich keine Idee mehr wie das unter den gegebenen Umständen überhaupt noch gehen könnte. Die vorhandenen Strukturen und mehr als knappen Ressourcen verhindern das einfach... Da ist mein Kopf der mir das ganz klar sagt und auch das ich mich für Nichts kaputt mache, das das einfach nicht schaffbar ist - und da ist mein Gefühl oder Charakter, keine Ahnung - das das so einfach nicht hinnehmen will...
Der tägliche Kampf im Teich ist im Grunde ein Kampf mit mir selber... gehen oder bleiben... Grenzen anerkennen oder im Kampf daran scheitern...Genau genommen ist die Entscheidung für das Gehen längst gefallen - sie zu leben ist das andere, schwierigere Ding...

Manchmal wenn ich abends zu den Sternen sehe oder einfach so wie jetzt zusehe wie der Wind die Wolken über den Himmel treibt - dann ist es als wäre ich noch genau die, die ich vor Jahr und Tag war... als wäre die Welt noch genau die in der ich groß geworden bin... Sobald sich der Himmel aber dem Blick entzieht, ich auf das sehe was vor mir liegt, steht, geht, was mich umgibt... Es ist alles, alles anders - ganz anders... oder aber es ist noch immer alles wie es war und ich bin eine andere. Das eine vom anderen zu unterscheiden ist manchmal nicht ganz einfach - die Wahrheit liegt vermutlich in der Mitte... Die Welt und ich - wir haben uns beide verändert - und mitunter wohl nicht im Gleichschritt.

An Tagen in dem mir alles so ganz anders erscheint wie "in der guten alten Zeit" - da ist es manchmal als könnte ich rückblickend genau erkennen an welcher Stelle ich die falsche Weiche gestellt habe, irgendetwas oder jemand nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit begegnet bin oder aber mich an etwas festgebissen habe was es nicht wert gewesen ist... Habe ich auch mal irgendwo gelesen - bewerten kann man nur rückwärts, leben muss man vorwärts. Wieviele - oder wie wenige schlaue Gedanken mag es noch geben die nicht schon irgendwer in Worte gefasst hat??? Manchmal kommt es mir so vor als hätte alles was ich schreiben oder sagen könnte längst jemand vor mir gedacht, gesagt, geschrieben, getan...

Als ich hier in den Ort zog, da kam er mir winzig klein vor... Ein bisschen so als würden sich hier Fuchs und Has gute Nacht sagen, das Land umher so weit... und wie gesagt - der Ort sehr klein. Jetzt erscheint selbst der mir schon wieder ziemlich groß und belebt. Nicht das ich gerade was dran ändern wollen würde... aber ich hätte es gerne noch viiiiiiiiiiiel einsamer, menschenleerer...
Da muss ich gerade an die vielen Streits denken die ich als Teenie mit meinem Vater hatte. In der Zeit habe ich wirklich in klitzekleinen Orten gelebt, einmal sogar in einem Haus das ganz abseits alleine inmitten von Kuhweiden stand die an 3 Seiten von Wald umgeben waren oder einmal in einem wo es tatsächlich nur ungefähr 10 Häuser, aufgereiht an einer Straßenseite gab. Als Teenie war es wie ein Gefängnis in solchen Orten zu wohnen weil da "nichts los" war und mein Vater hat immer gesagt "ja muss den immer was los sein?". Als Teenie denkt man das wohl schon weil es einen einfach in die große Welt zieht - oder?

Diese Sehnsucht nach der großen weiten Welt, sie zu erobern - die haben wir in jenen Tagen wohl fast alle gehabt. Ich kann mich noch an eine Mitschülerin erinnern die wir allesamt ein wenig belächelt haben. Ihre Eltern hatten in der Kleinstadt in der ich zu jener Zeit wohnte, ein kleines Schuhgeschäft. Es war ein einziger dunkler kleiner Ladenraum in einem Haus das ebenso gut ein normales Wohnhaus hätte sein können, wenn da nicht das große Schaufenster gewesen wäre sondern 2 "normale" Fenster. Für sie stand fest, dass sie nach der Schule eben dieses kleine Schuhgeschäft ihrer Eltern übernehmen würde. Ich fand es völlig verrückt das zu wollen, sich auf ein Leben in dieser kleinen Stadt einzurichten, merkwürdig das es sie so überhaupt nicht in die große weite Welt zu rufen schien. Es war als wäre sie die Einzigste die traumlos war und einfach auf den vorgezeichneten Wegen, in die Fußstapfen der Eltern treten wollte...

Ich glaube neulich habe ich schon einmal davon geschrieben... nein, es war nicht neulich - es war noch im alten Jahr... Da habe ich an einem Abend einen Streifzug durch die ganz ferne Vergangenheit im Netz gemacht - die Orte meiner Tenniezeit durchsurft... Es scheinen nur wenige meiner damaligen Weggefährten wirklich aus dieser Kleinstadt heraus gekommen zu sein... Irgendwie sind sie noch fast alle da - und sie sind ihren Weg gegangen und haben auf ihre Art alle ihren Platz im Leben gefunden.
In einer kleinen Stadt sind die Möglichkeiten vielleicht nicht so vielfältig - die Sicherheit den eigenen Platz zu finden scheint aber größer - oder?

16.53 Uhr:
Das schöne freie Wochenende neigt sich dem Ende entgegen - und wirklich frei war es die wenigste Zeit davon.
Ein paar mal hatte ich gestern schon - und heute wieder - so ein komisches Gefühl von Erinnerung in mir ohne mich wirklich zu erinnern - oder anders - es war war wie die Erinnerung an ein Gefühl das ungreifbar an mir vorüber zog, eines das mir irgendwie bekannt vorkam ohne das ich hätte sagen können womit ich es in Verbindung bringe, woher ich es kenne... Ähnlich wie ein vorbei eilendes Gesicht in der Masse von dem man meint es zu kennen ohne zu wissen woher... Dieses Gefühl an das ich mich erinnerte... das war irgendetwas mit Aufbruch, Frühling oder Ostern... auf jeden Fall etwas positives, lebendiges, helles... aber ich weiß nicht woran ich mich erinnert habe und nicht warum ausgerechnet jetzt, was diese Erinnerung ausgelöst hat - die hellen Sonnenstrahlen die hier vorhin in den Raum schienen?? Ich weiß es nicht.

Was ich aber sicher weiß - gute Gefühle, die Erinnerung an gute Gefühle... sie können sich in Leben verwandeln, sich in dem was wir tun oder lassen, was wir sagen oder verschweigen spiegeln...
Jetzt gerade fällt mir wieder ein was in den letzten Wochen verloren ging - vielleicht weil ich immer nur mittendrin war und den Überblick verloren habe, auch den Überblick über mich selber - Stimmungen, Gefühle kann man auch beeinflussen. Ich kann sie in mir beeinflussen - z.B. mit Dingen die ich lese und die mir aus der Seele sprechen, Visionen erzeugen... Ich kann sie beeinflussen mit Musik die ich höre... Es gibt so einiges mit dem ich mich selber beeinflussen und auf Kurs bringen kann - und damit das ich auf Kurs bin, kann ich andere auf Kurs bringen... Und mit der Gewissheit verliert der Teich seinen  Schrecken... Er ist schwer beherrschbar - aber er ist nicht ganz und gar unbeherrschbar...

Hoffentlich kann ich mich morgen früh bevor ich aus dem Haus gehe noch an diese zuversichtlichen Gedanken erinnern - mich hoffentlich schneller daran erinnern als das der Teich mich wieder mit Haut und Haar verschlingt...

20.24 Uhr:
Die Halbwertszeit guter Erinnerungen die das Gefühl und damit das Leben beeinflussen ist reichlich kurz. Es reicht ein Windhauch um alles davon zu wehen als hätte es diesen Augenblick in dem Zuversicht Einkehr hielt niemals gegeben.
Jetzt ist es abend - dunkel... ein paar wenige Sterne am Himmel und die blinkenden Positionslichter der Flugzeuge... denke an morgen früh und wünschte ich könnte diese Gedanken unterdrücken.
Ich denke an die Zeit des Verliebtseins... den Alltag abschütteln war so einfach, ihn nur noch wie durch Watte wahrnehmen ging von alleine und wenn er da war, dann lag alles so weit weg als wäre es nie gewesen und würde nie wieder kommen. Es war einmal... und es war richtig schön und gut, traumhaft...

Vorhin sind meine Gedanken wieder zu dem Teichsystem gezogen. Einfache Lösungen für die bestehenden Probleme gibt es nicht - das ist mir klar. Antworten habe ich auch keine - bestenfalls Ideen aus denen sich vielleicht Lösungen basteln ließen... Aber letztlich ist es alles vergebene Liebesmüh... Ich glaube wir sind noch immer dabei uns zu sehr zu verwalten statt zu managen... Wie sagt man als kleines Licht das die Strukturen der Vergangenheit in der Gegenwart schon nicht mehr funktionieren und keine Zukunft haben??? Ich meine - wie sagt man das - wenn es eigentlich unübersehbar ist - aber niemand es sehen will???

Für einen klitzekleinen Augenblick sah es letztes Jahr aus als würde es nach vorne gehen... aber das ist inzwischen auch schon wieder so lange her...

Wenn ich mir etwas wünschen könnte... dann würde ich mir noch einen einzigen dieser scheinbar endlosen, traumhaften Abende mit ihm wünschen, die selbst der Nacht noch soviele Stunden gestohlen haben nur damit sie nicht zu Ende gingen... alles denken... alles sagen... alles fühlen - intensiv, ganz nah... Für einen Augenblick das Gefühl der Unendlichkeit in mir spüren - als wäre es nie anders gewesen, als könnte es nie wieder anders sein...

Ich wünschte Du wärst hier...