Wir bezahlen einen hohen Preis...
Es gab einmal eine Zeit, in der war Fernsehen eine
kleine Auswahl, zeitlich begrenzten Vergnügens…
Vor Nachmittags drei oder
vier Uhr konnte man bestenfalls das Testbild mit einem schrillen Ton hören und
sehen… und unter der Woche – meist kurz nach Mitternacht kam die
schwarz-rot-goldene Flagge die im Wind wehte im Takt der Nationalhymne… und
damit ging ein Fernsehabend zu Ende… Nur am Wochenende gab es bis vielleicht ein
oder zwei Uhr in der Nacht ein Programm…
Und auf bestimmte Filme hat man
sich mitunter die ganze Woche schon gefreut, am nächsten Tag war er dann Thema
in der Schule, am Arbeitsplatz... durch das Wenige was sehbar war, hatte man mit
anderen Menschen in seinem Umfeld ein gemeinsames Erleben worüber man sich
austauschen konnte und wollte...
Wenn ich jetzt zurück denke, da habe ich
zu dieser Zeit noch Fernsehen geguckt um in eine andere Welt
einzutauchen,
mich von Handlungen und Schauplätzen hin- und davon reißen zu
lassen…
Ich konnte in Filme so tief eintauchen das ich die Wirklichkeit um
mich herum vergaß und irgendwann selber mitten drin zu sein schien… in ihnen
konnte ich miterleben, mitfühlen...
Ich kann mich an einen Film erinnern
den wir auf Video aufgenommen hatten… und jedesmal wenn die letzten Töne zum
Abspann klangen, hab ich den Film zurück gespult und ihn neu geguckt…
und
selbst nach dem dritten oder vierten mal hintereinander hab ich mich davon
mitreißen lassen, bin tief eingetaucht bis ich mitten in der Wüste stand, den
heißen Sand an meinen Füßen spürte und ihn in der Ferne durch die flimmernde
Hitze anreiten sah um mich zu retten, eingehüllt in Stoffen aus kräftig
leuchtenden Farben die ihn umwehten…
und wie eine mehr als lästige Störung
hörte ich die Stimme meiner Mutter die irgendetwas sagte wie – nicht das du
denkst, du bist das da in der Wüste und der Scheich dich retten
kommt...
Das war die Zeit als auch Fernsehen gucken – oder dann eben auch
Videos – ein Stück Waffe gegen den Alltag waren, weil sie ihn zurück drängten
und am Ende immer ein sehnsüchtiges Seufzen zurück ließen wenn der Held mit
seiner Heldin im Sonnenuntergang verschwunden war oder die atemlose Spannung und
Anspannung nach ließ weil alle bösen Buben entlarvt und dingfest gemacht waren
ohne das man dafür Unmengen gruselige brutale Bilder hätte über sich ergehen zu
lassen müssen...
Aber ohne es zu merken war es damit irgendwann
vorbei…
Die Programmzeiten wurden verlängert und man konnte schon morgens
um 10 Uhr Fernsehen gucken…
Die ersten privaten Sender – anfangs nur von
wenigen Menschen zu empfangen… dann die Kabelanschlüsse… Ich kann mich noch
erinnern wie aufgeregt ich war als endlich das Kabel in unser Haus gelegt war
und plötzlich die ganzen Sender empfangbar waren mit den vielen neuen Formaten
von denen man schon soviel gehört hatte… eine wahnsinnige Lust zu konsumieren
bis zum Abwinken…
... die neue schöne bunte Medienwelt die uns soviel
mehr von alldem zu bringen schien was wir bisher hatten... mehr mehr
mehr...
Das bei diesen Sendern jeder Film einmal mitten drin für eine
Werbeeinblendung unterbrochen wurde, schien nicht weiter zu stören…
das da
auch immer mehr sehr flache Dinge kamen die nur noch berieselten, von Anfang in
keiner Weise das Potential hatten mitzureißen, eintauchen zu lassen schien nicht
weiter schlimm… oder blieb gar unbemerkt... es schien ja alles mehr zu sein -
und das manchmal weniger mehr ist - es braucht seine Zeit das zu
begreifen...
Dann wurden es zwei Werbeblöcke, die Blöcke wurden länger,
dann drei…
Unbemerkt von mir selber fing ich an den Spaß daran zu
verlieren Filme zu gucken… immer wenn ich selbstvergessen mitten im Geschehen
versunken war, hat mich der Werbeblock in die Wirklichkeit zurück geschleudert
und an dessen Ende ging das neu eintauchen nicht mehr…
Und durch die Gier
nach immer mehr Konsum war da auf einmal auch gar nicht mehr die Zeit sich
entspannt zurück fallen zu lassen und das Gesehene und dabei Gefühlte
nachklingen zu lassen… kein sehnsüchtiges Seufzen mehr und weiter träumen, sich
vorzustellen wie es wäre wenn…
Fernsehen war immer noch Fernsehen – aber
es hatte das was sich anfühlt wie entspannen, wie mit-er-leben verloren…
Es
hörte auf Zufluchtspunkt zu sein sondern wurde etwas, was einen überschüttete
mit der ganzen Bandbreite an – das kann doch nicht wahr sein, das gibt es doch
nicht, spinnen die denn, ich lach mich kaputt weil das doch kein Mensch
ernstlich glauben kann, Belanglosigkeit, Kopfschütteln, Abscheu…
fing an
nervös zu machen weil es zuviel wurde...
Von ganz ganz ganz wenigen
Ausnahmen vielleicht abgesehen, ist es nichts mehr was den Akku wieder aufladen
kann den der Tag hat leer laufen lassen…
Genauso ist es mit vielen
anderen Dingen auch die zur allzeit verfüglichen Massenware verkommen sind – sie
tun nicht mehr wirklich gut… bedeutungslos, hinterlassen keine Spuren… Heute
kann ich sagen ich hab hunderte "Blockbuster" gesehen, aber an den letzten Film
der meine Seele berührt hat und sie schwingen ließ - so lange her das ich mich
nicht mehr daran erinnern kann...
Die scheinbare allzeitige Verfügbarkeit
von allem macht wertlos und deswegen bezahlen wir einen hohen Preis
dafür.