Samstag, 14. April 2012

Worthülsen

Ich sehe, höre - und wundere mich wie schwer sich Menschen das Leben machen können... obwohl es dann in dem einen oder anderen Fall so einfach sein könnte... 

Eine meiner Freundinnen hat vor einiger Zeit jemanden kennengelernt... Sie sind sich im Alltag zufällig begegnet, dabei nicht einfach aneinander vorbei gegangen sondern irgendwie aneinander kleben geblieben - irgendwie... Da ist noch etwas... Aber was? 

Es wabern scheinbar Worthülsen zwischen den beiden hin und her, die jeder für sich mit Inhalt füllt ohne zu wissen ob die eigene Füllung auch nur im Ansatz der des anderen entspricht. 
Wieder einmal mehr fällt mir auf, das Menschen das Gleiche sagen können ohne das es zwangsläufig dieselbe Bedeutung hat und sich jeder seinen Teil denkt wie es zu verstehen ist... 
Aber wie kann sich jemand denken was ein anderer meint? Es gibt nur eine einzige Möglichkeit das herauszufinden - reden... Wenn an dieser Stelle das Schweigen herrscht, dann ist es wohl der Anfang vom Ende - oder das Ende noch bevor irgendetwas angefangen hat.

Sprache scheint mir etwas sehr Vieldeutiges und missverständlich zu sein... 
Ich bilde mir immer ein, ich würde mich klar und deutlich - eben unmissverständlich - ausdrücken. Sehr oft stelle ich dann aber verwundert fest, wie tief die Kluft zwischen dem ist, was ich gesagt habe und dem was verstanden wurde. Mitunter scheint beides nicht einmal im Ansatz übereinstimmend. Und ich bin völlig überrascht und irritiert wie anders man mich verstehen konnte. 
Solange ich die Rückmeldung bekomme wie ich verstanden wurde, habe ich eine Chance dann nachzubessern, zu erklären, richtig zustellen, mich zu erklären... Bekomme ich die Rückmeldung nicht, mein Gegenüber versteht auf seine Art und denkt sich seinen Teil, dann ist das "sich-nicht-verstehen" vorprogrammiert... 

Da wo es mir wichtig ist, habe ich es mir längst abgewöhnt die Antworten eines anderen in mir zu suchen - ich höre, verstehe - und frage nach... 
Welchen Sinn macht es schon wenn ich darüber nachdenke was xy mit abc wohl gemeint haben könnte... diese Antwort liegt nicht in mir. 
Ich weiß was abc für mich heißt, aber nicht was es für einen anderen heißt - will ich das wissen, dann muss ich nachfragen... 

Meine Freundin und ich haben uns gestern nachmittag lange über dieses Themenfeld unterhalten, unter anderem landeten wir im Gespräch bei "keine feste Beziehung wollen". Während für sie völlig klar war was das heißt, hat mein Kopf nur tausend Fragezeichen ausgeworfen. 
Für mich wäre das eine Aussage die ich in einer entsprechenden Situation hinterfragen würde, was gemeint ist, um dann eine Aussage treffen zu können ob ich das auch nicht will - oder doch. 
Ich will auch "keine feste Beziehung" - wenn mit "fester Beziehung" gemeint ist - Wohnsitz und Gehaltsabrechnungen zusammenwerfen, nur noch gemeinsame Zeit, Freiräume nur noch nach Absprache - und am besten gekoppelt an den Vorwurf "... immer hast du keine Zeit für mich, immer willst du ohne mich... "... 
Wenn "keine feste Beziehung" wollen, für mein Gegenüber  Beliebigkeit und Unverbindlichkeit einschließen würde, dann wäre meine Antwort eine ganz andere...  

Nachfragen bedeutet aber auch immer ein Stück aus der eigenen sicheren Deckung der Worthülsen heraus kommen zu müssen und selber klarer in den eigenen Aussagen werden zu müssen... ich glaube an der Stelle fängt dann "sich kennenlernen" erst an... mit der Erkenntnis am Ende - es passt oder es passt eben nicht, die Wellenlänge stimmt oder eben nicht...