Mittwoch, 19. Juni 2013

... der frühe Vogel...

Ein neuer Tag beginnt. Sehr früh - kurz nach 5. Ich schätze die drückende Hitze war es, die mich aufwachen ließ. Da hat es auch wenig geholfen das die ganze Nacht der Ventilator mich angepustet hat und so zumindest für ein bisschen Abkühlung sorgte.

Jetzt sitze ich wieder auf meinem Dach mit meinem Kaffeebecher und genieße die Stille... Stille wenn man von den Unmengen von Vögeln absieht die aus allen Richtungen zwitschern und trällern. Die Rolläden der Nachbarhäuser sind noch alle herunter gelassen, kein Auto im Dorf unterwegs und erst recht noch kein Traktor. Es ist lediglich das leise brummen von der nahegelegenen Autobahn zu hören. Wüßte man nicht das sie direkt hinterm Horizont verläuft,könnte man dieses leise und mitunter kaum hörbare Brummen vermutlich überhaupt gar nicht zuordnen.

Einen Tag so beginnen zu können ist wie ein Geschenk. Ich genieße das - jeden Morgen neu. Es ist noch immer wie mein Glück gar nicht fassen zu können, dass sich das Leben auch noch so anfühlen kann - für einen Augenblick schwerelos, einfach bei sich selber sein, "verantwortungslos". Wenn heute das Telefon klingelt, dann weiß ich das jemand einfach nur mit mir sprechen will, sich mit mir verabreden oder um einen Gefallen bitten oder um mir einen zu tun... Die innere Alarmglocke hat sich abgestellt, die mich bei jedem Klingeln mit dem Schlimmsten rechnen ließ. Das Leben ist wieder ein ganzes Stück normaler geworden... Es gibt etwas zu tun, zu arbeiten und es gibt die Zeit die einfach nur mir gehört. Es ist als hätte meine kleine Welt die Haustüre zurück bekommen, die ich hinter mir vor der großen weiten Welt schließen kann um für mich zu sein, um ich zu sein... 

Das Teichsystem hatte mir jede Vorstellung davon genommen das es das immer noch so gibt, das sich das Leben immer noch so anfühlen kann, dass ich noch immer die Fähigkeit habe alle meine Systeme runter zufahren um einfach nur ich zu sein.

Von der Sonne angestrahlt, fliegen die Flugzeuge hoch oben als glitzernde kleine Striche durch den hellblauen Morgenhimmel... 

Zum erstenmal seit sehr langer Zeit komme ich auf die Idee wieder darüber nachzudenken, ob mir vielleicht nicht doch etwas im Leben fehlt... ob ich es nicht vielleicht doch gerne manchmal auch anders hätte... Zum erstenmal seit langer Zeit fühle ich mich wieder wie ich bin, nicht nur noch als Teil eines Systems das funktionieren muss bis an die eigenen Grenzen und am Besten noch darüber hinaus...
Ich bin noch längst nicht am Ende des Weges angekommen und sicher noch weit vom Ziel entfernt... Da werden noch so einige Steine auf dem Weg liegen die ich wegräumen muss... aber es fühlt sich noch immer richtig an genau diesen Weg eingeschlagen zu haben. Bis jetzt gab es - obwohl schon das eine oder andere Ärgernis zu überstehen war, noch keinen Augenblick an dem ich gedacht habe, ich hätte es anders machen sollen. Und damit hat alles seine Richtigkeit.

... und wenn ich dann so höre was im Teich vor sich geht... sehe wie Freundin Studienkollegin sich noch in dem System quält aus dem ich - zum Glück ausgeschieden bin, dann bin ich mir wirklich ganz sicher - die Schritte die ich gegangen bin waren alternativlos.

Eines habe ich in der Teichzeit mit Sicherheit gelernt - nie wieder lasse ich mich in ein System dermaßen einbinden gegen meinen Willen. Das Leben ist zu kurz um die kleinsten Nebensächlichkeiten hochzuspielen als wären sie Lebensziel und Inhalt... Es ist zu wertlos als sich zum Spielball anderer zu machen und auch zu kurz um dem Geld hinterher zu jagen und dem was man so als "Karriere" bezeichnet.
Das bunte Leben braucht alles - die Arbeit, die Verpflichtung, die Herausforderung, die Mühe... aber immer auch den Gegenpart... das Privatleben, die Entspannung, die Lust auf Leben, die Freude am Augenblick.

Und wie wenig es eigentlich braucht um sagen zu können - es geht mir gut, ich ruhe in mir selber... das spüre ich jetzt wieder und das ist wirklich gut so.