Mittwoch, 16. Juli 2014

Ruhe vor dem Sturm

Es ist Morgen, der Himmel von unzähligen weißen Wattebausch-Wolken verhangen, gelegentlich findet die Sonne eine Lücke. Die Luft feucht-schwül. Es ist als wüsste das Wetter nicht ob es jetzt Sommer sein will oder doch lieber nicht...

Es fühlt sich seit Tagen an wie Stillstand - warten. Warten auf den Sommer, auf den Nicht-Sommer. Warten darauf, dass die Würfel fallen - so oder so. Und ich stehe da und sehe zu wie sie rollen, rollen, rollen...

Ich habe das Gefühl als stände die Zeit still, als gäbe es jede Menge davon. Zeit mich zu sortieren, mein Ziel zu suchen, etwas wofür ich Feuer und Flamme sein kann.. und verharre in dieser merkwürdigen Ruhe vor dem Sturm, im Stillstand und warte ohne zu wissen worauf...

Wenn das Leben ein Film wäre, dann würde man jetzt zuerst mich sehen - gefangen im Stillstand mit einem Hauch von Hoffnungslosigkeit? Resignation? Antriebsarmut?... - und im nächsten Augenblick würde die Kamera Makroaufnahmen von dem einfangen was in Bewegung ist, keineswegs still steht - ganz deutlich... bedrohlich oder hoffnungsvoll - in jedem Fall unübersehbar für den Zuschauer. Würde ihm eine Ahnung von dem geben was passieren wird und mich aus dem Stillstand reißen wird. Nur ich, ich sehe es nicht - ahne es nicht einmal.

Ein merkwürdiger Widerspruch - es scheint alles um mich herum still zu stehen und gleichzeitig ist es aber so schnell in Bewegung, dass es mir einfach zu schnell ist. Ich weiß das ich mich diesem Tempo anpassen muss wenn ich nicht vom Lebenskarussell runter fallen will - und gleichzeitig ist ein ganz starker Impuls in mir genau das nicht zu tun, weil ich es einfach nicht tun will. Ich will nicht mitrennen, mich ständigen Veränderungen anpassen von denen ich nicht einmal sicher weiß ob ich die überhaupt gut finde oder nicht.
Auch wenn Superrechner inzwischen alles zu berechnen scheinen und nur noch deren Ergebnisse den Weg vorgeben, ohne das der Mensch auch nur noch im Ansatz versteht wie es zu genau diesem Ergebnis kam - es auch gar nicht mehr wissen will und blind darauf vertraut -
ich will noch immer die Wirklichkeit verstehen und dann meine eigenen Entscheidungen treffen. Ist das gut? Ist das schlecht? Wer weiß das schon? Je mehr wir wissen, desto weniger scheinen wir zu verstehen - aber das scheint auch überhaupt nicht mehr wichtig. Und da fällt mir die Frage ein die ich irgendwann einmal irgendwo las:
" Und wo lassen Sie denken?"

Gleich werde ich erst einmal in die Stadt fahren und mich mit Freundin RA treffen. Wir wollen dann in die nächstgelegene Stadt radeln. Keine Ahnung ob wir das dann auch tatsächlich machen werden oder auf halber Strecke umkehren. Auf jeden Fall wird das unterwegs sein, Leben einatmen, riechen, auf der Haut spüren, durch die Haare wehen lassen, die trüben Gedanken in den Hintergrund drücken und ein anderes Lebensgefühl herauf beschwören.