Dienstag, 31. Dezember 2013

Der letzte Tag des Jahres

Es ist ein heller, milder Morgen... Irgendwann in der Nacht sollen die ersten Wolken kommen mit Regen im Gepäck, wobei wir dann vermutlich wieder einmal bei dem scheinbaren Naturgesetz landen, dass jeder Neujahrstag grau und düster und trostlos ist... 

Schon im Herbst hatte man lesen können, dieser Winter würde sehr teuer werden weil es ein kalter Winter würde. Bislang ist er alles andere als das und so wie es gestern in der Wettervorhersage hieß, soll es noch mindestens weitere 15 Tage so bleiben. Eigentlich nie Temperaturen im Frostbereich und tagsüber locker um die 10 Grad. 
Irgendwie ist alles durcheinander. Der letzte Winter war sehr dunkel, zog sich weit in den Frühling herein mit Kälte - dafür fast ohne Schnee. Der Sommer hatte ein paar Tage brütender Hitze, war aber auch eher zu verregnet und ehe man sich versah auch schon wieder vorbei... Und jetzt scheint der Winter entweder - obwohl als frostig kalt und streng angekündigt - ganz aus - oder aber er kommt dann, wenn ihn kein Mensch mehr will . Selbst ich nicht - obwohl ich ein Winterfan bin.

Vor 2 Tagen lautete die erste Meldung Michael Schumacher sei beim Skifahren gestürzt, mit dem behelmten Kopf dabei auf einen Felsen gestürzt, hätte am Unfallort aber gesprochen und sei ins Krankenhaus gefolgen worden. Irgendwie klang das alles erste einmal sehr harmlos und ich war genervt. Inzwischen wird man regelrecht von Nachrichten überflutet die nicht wirklich welche sind. Es ist einfach keine Nachricht wenn jemand auf die Gummel fällt - völlig egal ob es Lieschen Müller ist oder eben ein Schumacher und schon gar nicht wenn kaum mehr passiert ist, als das sich der jeweilige Mensch "aua" getan hat.
Inzwischen ist die Nachrichtenlage eine andere. Er hat sich wohl doch sehr ernste Kopfverletzungen zugezogen - trotz Sturzhelm, schwebt in Lebensgefahr und ob er das überlebt - und wenn ja mit welchen Schäden, sei derzeit noch überhaupt nicht absehbar.
Für Autorennen habe ich nie viel übrig gehabt, mein Held war er insofern nicht. Aber menschlich tut es mir schon sehr leid für ihn und seine Familie und es bringt zum Nachdenken... über das Leben im Allgemeinen und wie schnell im Besonderen alles vorbei sein kann.

Vorgestern habe ich angefangen meine Weihnachtsdeko in die Kartons zu verstauen, die jetzt wieder in den Keller müssen. Immer wenn ich die vielen Dinge einpacke die mich durch die Weihnachtszeit begleitet haben, dann sehe ich schon fast automatisch vor meinem geistigen Auge wie ich sie wieder auspacken werde. Es wird das Jahr kommen, in dem ich nicht mehr auspacken werde... das kann noch lange dauern oder kurz... niemand weiß es - auch nicht ungefähr. In irgendeinem Jahr wird es einfach so sein. Es kann alles so schnell vorbei sein.

Gestern habe ich mir den ganzen Tag wieder meine Lieblingsdoku " 100 Jahre - der Countdown" angesehen. Eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert. Am Anfang des Jahrhunderts war da kaum mehr als der Traum des Menschen vom Fliegen... gut 60 Jahre später schon konnte er nicht nur fliegen sondern sogar die Erde verlassen und ist auf dem Mond herum spaziert.
In dieser Doku sind aber auch noch soviele andere, mitunter sehr verstörende Zeitzeugnisse. Nicht zuletzt diese unglaublich grausamen Bilder von Kriegen, Diktaturen, Menschen in Not. In Jahren gemessen vieles davon schon eine halbe Ewigkeit her - aber trotzdem nicht vergessen und auf sonderbare Weise immer auch noch aktuell. 
Heute leben wir in einer ganz anderen Welt - nur besser geworden ist sie mit Sicherheit nicht.

Heute ist der letzte Tag des Jahres. Normalerweise hat Silvester etwas Erschreckendes für mich an sich. Während andere Menschen das neue Jahr laut und feiernd begrüßen, habe ich ihm immer mit Bangen entgegen gesehen... Dieses Jahr ist es irgendwie anders. Nicht das ich auch laut feiern will, geschweige denn irgendeinen Grund dazu erkennen könnte... Das Bangen ist der Resignation gewichen, der Erkenntnis das sich der Lauf der Dinge einfach nicht mehr wirklich stoppen lässt - zumindest nicht durch Menschen im Allgemeinen. Es gibt soviele Menschen die sich einsetzen um an der einen oder anderen Stelle etwas zu ändern, zu verbessern, wach zu rütteln... aber ich glaube, sie kämpfen inzwischen alle auf ihre Art gegen Windmühlen und sind längst nur noch Tropfen auf heiße Steine.

Gestern in der Reportage sagte ein Zeitzeuge, wenn ein Mensch kaum noch etwas hat, dann wird er allem zustimmen nur um das wenige das er hat zu behalten und nicht auch noch zu verlieren. Vielleicht ist es das - vielleicht haben die Menschen heute nur noch so wenig... möglicherweise nicht an materiellen Dingen, aber an Werten, Visionen, Träumen die sie leben wollen... Oder aber sie sind so satt und träge geworden, dass sie einfach geschehen lassen was geschieht... 

Und viele kennen vieles schon gar nicht mehr anders... Ein Grund vielleicht warum ich mich immer schwerer in dieser Welt zurecht finde. Da sind noch die Erinnerungen an ganze andere Zeiten, ein ganz anderes Lebensgefühl. Es war von allem soviel weniger - aber es war erlebbar, spürbar. Es gab eine Zeit mit überschaubarem Informationsfluss, den man dann auch aufnehmen konnte, verarbeiten, sich seine Meinung bilden. Heute wird man von den Datenmengen einfach überflutet und davon gespült. 
In den letzten Tagen hieß es, bei einem bestimmten OnlinePortal würden jede Minute Datenmengen hochgeladen, die alle zu sehen es 24 Stunden brauchen würde... Das ist doch der pure Wahnsinn. Jetzt kann man ja sagen das nicht alles davon relevant ist und wenn man das Unnütze und alles ohne wirklichen Informationsgehalt streichen würde, dann käme man wieder auf ein verarbeitbares Maß... Könnte vielleicht sein - nur wie das eine vom anderen trennen ohne dabei Zeit zu verbrauchen die man dann für die eigentliche Informationsaufnahme brauchen würde?

In meinen Teenietagen ging eine riesige Empörung durchs Land als eine Volkszählung stattfinden sollte. An die Details kann ich mich nicht mehr erinnern, Politik und alles was damit zusammen hing, hat mich in jenen Tagen noch nicht sonderlich interessiert. Aber ich weiß noch genau das es eine Empörung und einen Widerstand gab, der seine Netze bis ins letzte kleine Dörfchen spann. Die Menschen wollten nicht "gläsern" werden, nicht lückenlos vom Staat erfasst... 
Und das waren - aus heutiger Sicht so wenige Daten die gesammelt wurden, das es fast lachhaft zu dem ist, was im Internetzeitalter alles erfasst wird... Nur wirklich laute und deutlich vernehmbare Empörung der Massen - Fehlanzeige. 

So gesehen - wir werden im neuen wie in diesem alten Jahr einfach immer weiter von den Informationen überrollt, bekommen Nachrichten die nicht wirklich welche sind, bekommen Wesentliches zu unserem Besten vorenthalten - wer auch immer das Recht zu haben meint, das für uns "normalen Bürger" zu entscheiden... Ich werde die Welt in der wir leben immer weniger verstehen, die Menschen die jetzt heranwachsen werden mich immer weniger verstehen weil sie gar nicht mehr wissen wie anders alles einmal war...