Sonntag, 2. August 2015

Freundin Sausewind und der Jakobsweg

Im Frühjahr hat sie sich einen langgehegten Traum erfüllt und hat sich auf den Jakobsweg gemacht. Sie ist in knapp 4 Wochen 600 km gelaufen. Als sie wiederkam schien sie mir - mal abgesehen von den völlig ramponierten Füßen ganz die Alte. Aber es hat nicht sehr lange gedauert, da wurde schon eine Veränderung erkennbar.

Vorher war sie eben Freundin Sausewind. Immer flinken Fußes im Tag unterwegs und immer von der eigenen Selbstverpflichtung für alles und jeden getrieben unterwegs. Nachdem sie zurück war, schien sie ruhiger geworden, mehr in sich ruhend... Ohne das ich es genauer beschreiben konnte, schien da auf einmal eine unsichtbare Grenze die nicht wirklich da war und die sich trotzdem nicht überwinden ließ. Es ist einfach ein Gefühl das ich mit tatsächlichen Ereignissen gar nicht belegen könnte... Ich finde das nicht weiter schlimm weil sie jetzt offensichtlich ruhiger durch das Leben spaziert.
Das was mir aber Sorgen macht - diese lange Wanderung hat nicht nur irgendetwas an ihrem Wesen verändert sondern ihr ganz offensichtlich auch körperlich extrem zugesetzt - oder es kommt jetzt nur all das zum Vorschein was da vorher schon war und vom Eilen durch den Tag verdeckt wurde.

Zuerst war es nach der Rückkehr nur das veränderte Gangbild. Sausewind ging wie eine wirklich alte Frau, nach vorne gebeugt, irgendwie ein bisschen humpelnd. Da gab es nichts mehr was an Sausewind erinnerte. Nach so vielen gewanderten Kilometern auch erst einmal nicht verwunderlich das ihr die Anstrengung noch in den Knochen saß. Das hat sich inzwischen normalisiert - aber die Schmerzen in den Hüften, den Leisten - die scheinen geblieben. Seit neustem hat sie wahnsinnige Kopfschmerzen und das nun schon über einige Wochen anhaltend - mitunter so schlimm das sie sich schon einmal notfallmäßig ins Krankenhaus fahren lassen wollte. Und das ist bei ihr die sonst alles scheinbar mühelos wegsteckt schon ein alarmierendes Zeichen...

Beim Arzt ist sie auch schon gewesen... und sorry - der Knalltüte fiel nichts besseres ein als ihr ein wirklich starkes Schmerzmittel aufzuschreiben.
Muss ich das jetzt schon wieder verstehen??? Wieder ein Fall von "Papier ist geduldig". In unserem SGB V kommt u.a. der Prävention, Früherkennung, Rehabilitation - zumindest den Worten nach - ein ganz besonderer Stellenwert zu. Aber tatsächlich??? Da sind wir immer noch wesentlich mehr auf Aktumedizin ausgelegt als auf Prävention...
Wer eine Reha beantragt, der muss unzählige Papiere beibringen - Diagnosen je mehr desto besser, Krankheitsausfälle je mehr desto besser - und dann klappt es auch mit der Reha... meistens zumindest... okay, vielleicht nicht meistens, aber oft...
Wer nicht mindestens schon so krank ist das es nach "es wird kurz- bis mittelfristig teuer" riecht und das nicht mit Krankheitstagen auch noch glaubhaft untermauern kann, der wird eine Rehaeinrichtung eher nicht von innen zu sehen bekommen - auch dann nicht wenn er in einem Beruf arbeitet der für bestimmte Krankheiten "bekannt" ist.
Also nix mit Vorbeugung und Verhütung... erst mal krank und teuer werden - und dann gibt es auch Reha um möglichst schnell nicht mehr so hohe Kosten zu verursachen...
Und wieder einmal steht nicht der Mensch im Mittelpunkt wie so gerne in allen Leitbildern zu lesen ist - sondern die Kosten bzw. das was sich an und mit dem Menschen verdienen lässt.

Neulich wurde die Tochter einer Bekannten ins Krankenhaus eingeliefert nachdem sie zusammengebrochen ist. Im Krankenhaus hat man sich dann auch vorbildlich um sie gekümmert, getan, gemacht, untersucht. Entlassen wurde sie dann wenige Stunden später mit einem ausführlichen Brief an den Hausarzt was zu tun ist - was zu verschreiben, was noch einmal zu untersuchen... Der hat tatsächlich nichts von alledem gemacht und die Bekannte hat ihre Tochter zu einem anderen Arzt gebracht der den Empfehlungen des Krankenhauses folgte... Wer sich in diesem System nicht wehren kann - und wie gut kann man das wenn man krank ist und eigentlich auf Hilfe und Fürsorge angewiesen?...