Samstag, 1. August 2015

Europa - deine Flüchtlinge

Die eine Woche sehen wir publikumswirksame Schlagzeilen wie - "Das Mittelmeer - die Leichenhalle Europas", EU-Krisengipfel, Zank um die Aufteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen EU-Länder, Streit um die Finanzierung, große Gesten der Trauer wegen der vielen Toten...

Im Augenblick sind die Flüchtlingsströme die Europa "überrollen" und die wachsende Anzahl der Zeltstädte in vielen Städten Europas für Flüchtlinge anscheinend das Thema...
Die eben noch großen Gesten der Trauer über die vielen ertrunkenen Menschen werden ersetzt durch Bilder von gigantischen Zäunen mit denen die Festung Europa gesichert werden soll...

WIE PASST DAS ZUSAMMEN?

Für mich passt das überhaupt nicht zusammen. Das was ich seit Monaten wahrnehme hat etwas von "Wasch mich, aber mach mich nicht nass...". Entweder verzichte ich darauf gewaschen zu werden oder ich nehme in Kauf nass zu werden... Es muss doch jedem klar sein - anders geht es nicht - oder?

Schnelle gute Lösungen gibt es nicht, das ist schon klar. Aber wird nach nachhaltigen Lösungen überhaupt in geeigneter Weise gesucht? Da bin ich mir leider nicht so sicher.
Ich würde jetzt gerne glauben, das eine ganze Menge ganz kluger Köpfe da sitzen und an einem guten Plan arbeiten der Zukunft für alle hat... Aber die Superhirne, die für alle Probleme eine Lösung finden die dann zu einem happy end führen, gibt es wahrscheinlich nur noch in den Hollywood-Filmen... 

Nicht das ich eine Expertin für Geschichte bin, genau genommen habe ich mein Interesse daran erst vor wenigen Jahren entdeckt. Das was mir aber gerade einfällt - die großen VÖLKERWANDERUNGEN. Offensichtlich haben sich große Menschenscharen schon immer in Bewegung gesetzt um sich eine neue Heimat zu suchen wenn die alte - warum auch immer - ihnen die Lebensgrundlage entzogen hat.
So gesehen ist das was wir heute erleben eigentlich nur die Fortsetzung der Menschheitsgeschichte. Oder?

LÄNDERGRENZEN waren noch nie statisch, da brauchen wir uns nur die unseres eigenen Landes ansehen.
Was also bringt uns auf die Idee, das sie es jetzt sind und bis in alle Ewigkeit bleiben? Was spricht dagegen das ein Volk das sich selber anscheinend zum Aussterben verurteilt hat, neue Menschen in sein Land lässt damit es ein lebendiges Land bleibt und nicht irgendwann zum "Altenheim Europa" wird???

Wie wahrscheinlich ist es bei einer insgesamt wachsenden Welt- aber schrumpfenden europäischen Bevölkerung das alles bleiben kann wie es ist?

Dieses Land hat schon einmal riesige Flüchtlingsströme von Vertriebenen aufnehmen müssen und integrieren und es ist gelungen...Warum sollte das nicht zum Nutzen von allen noch einmal gelingen können?

Ich bin alt genug um schon ein bisschen verklärt auf die "GUTE ALTE ZEIT" zurückzublicken und sie mir manchmal in einem Anflug von Sentimentalität zurück zu wünschen.
Ich erinnere mich so gerne an das Gefühl des großen Abenteuers das ich in so manchen Büchern und Filmen fand... Die Welt war riesengroß voller Geheimnisse, Abenteuer... der Orient mehr als geheimnisvoll... magisch, fremdartig... Afrika - eine völlig unbekannte Welt...

Aber wie heißt es so schön - NICHTS IST SO BESTÄNDIG WIE DER WANDEL... die Welt ist längst nicht mehr riesengroß... Die Welt in der wir leben wird nicht bleiben wie sie ist - da bin ich mir ganz sicher. Die Frage ist nur ob wir den Wandel - auch die neuen Völkerwanderungen die heute Flüchtlingsströme heißen, gestalten oder ob wir uns irgendwann einfach überrollen lassen müssen, weil wir es versäumt haben uns zu öffnen...
Können wir uns leisten auf Menschen zu verzichten die mit uns das Land gestalten, weiterentwickeln... ? Ich denke wir können es nicht... so verlockend auch das Festhalten an der guten alten Zeit sein mag... Es wird eine neue Zeit kommen - eine andere Zeit - aber das muss ja nicht heißen das die schlechter sein wird - eben nur anders...

Es ist ja noch gar nicht so lange her als eine Schlagzeile losgetreten durch Politiker durch die Medien wanderte:

"...WIR BRAUCHEN EINE WILLKOMMENSKULTUR..."

Ob damit wirklich Zeltstädte gemeint waren in denen sich offensichtlich die Menschen sich sehr weitgehend sich selber überlassen werden? Gestern habe ich im Fernsehen einen jungen Mann gesehen der seit Monaten hier ist und bis heute noch keinen Gesprächstermin bei einer zuständigen Stelle für Asyl hatte...
Ich mag mir gar nicht vorstellen wie es sich anfühlen muss fernab der Heimat zu sein ohne jede Vorstellung davon wie es mit mir in Zukunft weitergehen wird...

Im Augenblick möchte ich nicht einmal so genau wissen wie sich unser toleranter, demokratischer Rechtsstaat der sich u.a. die Menschenwürde auf die Fahnen geschrieben hat, sich für jemanden anfühlt der als Flüchtling in dieses Land kommt... Dieser Mensch wird sich vermutlich fragen was wir unter tolerant verstehen und was unter Menschenwürde...
Vorhin habe ich gehört das kein anderes Land so einen großen Bearbeitungsstau bei den Asylanträgen hat wie Deutschland...

Was mich auch mal interessieren würde - was genau haben wir uns eigentlich vorgestellt, wie krisengeschüttelte Regionen tausende von traumatisierten Kriegsflüchtlinge unterbringen und versorgen sollen, wenn wir jetzt in unserem geordneten und wirtschaftlich starken Land - wenn man den Medien glauben darf - schon jetzt an unseren Grenzen ankommen???
Manchmal scheint mir das wir richtig gut darin sind von anderen zu verlangen und zu erwarten, was wir selber nicht leisten können und wollen...

Wer soetwas sagt wie "das Boot ist voll" wird gleich in eine rechte Ecke gestellt und schief angesehen...
Jetzt würde mich nur mal interessieren, warum diese Worte schlimmer sein sollen, als der Versuch  am liebsten ganz Europa hinter einem gigantischen Zaun verschwinden zu lassen damit es unerreichbar von außen ist... Wie passt das nun schon wieder zusammen? Was sagt ein riesiger hoher Zaun anderes als: "das Boot ist voll?"